Online, 2. Dezember 2020. Im Jahr 2050 werden schätzungsweise doppelt so viele Menschen in Afrika leben wie heute. Viele junge Menschen benötigen dann Perspektiven und ein Einkommen, um sich und ihre Familien zu ernähren. Das erfordert schätzungsweise 20 Millionen neue Arbeitsplätze auf dem Kontinent – pro Jahr. Der Berufsbildung kommt dabei eine entscheidende Rolle zu. Etwa 40 Vertreterinnen und Vertreter deutscher Kommunen und zivilgesellschaftlicher Organisationen diskutierten bei einem virtuellen Fachaustausch, wie sie Berufsbildung und die Kooperation mit und zwischen Berufsschulen auf afrikanischer und deutscher Seite im Rahmen ihrer kommunalen Partnerschaften fördern können. Veranstaltet wurde der Austausch im Rahmen des SKEW-Projekts „Agenda 2030 – kommunaler Fachaustausch mit afrikanischen Partnern“.
In vielen afrikanischen Ländern ist die Berufsbildung eher schulisch organisiert, im Gegensatz zum deutschen dualen System, das gleichermaßen auf theoretisches und praktisches Lernen setzt. Deutsche Kommunen, die oft Träger der Berufsschulen sind, können hier gut ihre Erfahrungen mit den afrikanischen Partnern teilen, so Robert Koch von der Zentralstelle der Bundesregierung für internationale Bildungskooperationen (GOVET) in seinem Vortrag.
Berichte über gelungenen Fachaustausch
Nicht für alle kommunalen Partnerschaften in der Veranstaltung ist das Thema neu: Das oberbayerische Vaterstetten mit Alem Katema in Äthiopien sowie Leipzig mit der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba widmen sich bereits erfolgreich der Berufsbildung und berichteten im Fachaustausch über ihre Aktivitäten und Herausforderungen. Vaterstetten und Alem Katema bereiten junge Menschen an den Berufsschulen darauf vor, sich als Einzelunternehmerinnen und -unternehmer oder in Kooperativen selbständig zu machen, denn es gibt in Alem Katema kaum Betriebe, die feste Beschäftigungen anbieten. Katja Roloff, Referentin für internationale Zusammenarbeit bei der Stadt Leipzig, berichtet, dass der Fokus der Aktivitäten von Leipzig und Addis Abeba zunächst auf der Inklusion von Schülerinnen und Schülern mit Behinderungen gelegen habe. Dann seien Berufsschulen in Addis Abeba immer mehr in das Projekt „Stadt in der Stadt“ involviert worden – eine interaktive Projektwoche, während der Kinder und Erwachsene mit und ohne Behinderungen jedes Jahr gemeinsam eine inklusive Modellstadt bauten. Die Ergebnisse des Projekts waren überwältigend: Das aktive, selbst bestimmte Lernen während des Projekts sowie der Austausch zwischen allgemeinbildenden Schulen und Berufsschulen bereicherte die Lernenden und die Lehrkräfte. Schülerinnen und Schüler mit Behinderungen entdeckten neue Talente und offenbarten ihre vielen Potenziale im Hinblick auf eine mögliche Berufsausbildung. Das machte nicht nur klar, wie wichtig die Kontakte zwischen Schulen und Berufsschulen sind, sondern verankerte auch das Thema Inklusion stärker in der beruflichen Bildung.
Motivation für neue Partnerschaften
Anschauliche Erfahrungen, die motivieren. Für Partnerschaften, die sich dem Thema nun erstmalig widmen wollen, stellen sich jedoch viele Fragen: Wie können kommunale Partnerschaften in das Thema Berufsbildung einsteigen? Mit wem arbeiten sie am besten zusammen? Und welche Hürden gibt es dabei? Die Teilnehmenden des Fachaustausches waren sich einig, dass die Partnerschaften beim Einstieg in das Thema entweder strategisch erheben sollten, wo die Bedarfe vor Ort in den afrikanischen Kommunen liegen, oder dass sich intuitiv bei Besuchen Anknüpfungspunkte für eine Kooperation ergeben können. Die wichtigsten Akteure für Aktivitäten zur beruflichen Bildung seien die Kommunen selbst sowie die Berufsschulen, aber es brauche auch andere Engagierte wie den Partnerschaftsverein in Vaterstetten und Wirtschaftsunternehmen, die Möglichkeiten des praktischen Lernens anbieten. Wichtig sei auch – wie so häufig – die Bereitschaft aller Beteiligten, die Projekte mit großem Engagement zu unterstützen.
Am Ende der halbtägigen Fachveranstaltung war klar: Der Austausch mit anderen Kommunen und die Praxisbeispiele aus Äthiopien haben die Teilnehmenden so motiviert, dass sie Berufsbildung als neues Thema in ihrer Partnerschaftsarbeit aufnehmen oder das bisherige Engagement hierzu vertiefen wollen. Dabei können sie auf die Unterstützung der SKEW zählen: Die Servicestelle bietet Beratungen einzelner Partnerschaften, einen weiterführenden Austausch mit anderen Kommunen und ein großes Angebot an finanziellen und personellen Förderinstrumenten.