Worum ging es in diesem Projekt? Gab es Meilensteine, die Sie gemeinsam erreichen konnten?
Bernardo Ornelas: Wir haben ein Projekt zur Einführung der Kreislaufwirtschaft in die Lebensmittel- und Bioabfallkette in der Stadt Rio de Janeiro gestartet. Unser Ziel war es, die Menge an Lebensmittelabfällen zu verringern, einen höheren Anteil organischer Abfälle zu verwerten und auch die Methanemissionen auf den Deponien zu reduzieren. Das Projekt leistet damit einen bedeutenden Beitrag zum Klimaschutz und fügt sich ein in den kommunalen Aktionsplan für nachhaltige Entwicklung und Klimaschutz der Stadt Rio de Janeiro 2030.
Ute Dreiocker: Unser aktuelles Kooperationsvorhaben knüpft an ein Vorgängerprojekt der Klimapartnerschaft an, im Rahmen dessen wir zwischen 2014 und 2018 eine Kompostierungsanlage für Grünschnitt im Ecoparque do Caju in Rio de Janeiro aufgebaut haben. Von Kölner Seite hat die Abfallverwertungsgesellschaft (AVG) das Projekt beraten und technisch begleitet. Im aktuellen Projekt haben wir unter anderem eine technische Aufrüstung der Kompostierungsanlage mit einer Siebmaschine für den fertigen Kompost vorgenommen. Der technische Part des Projekts wird in dieser Projektphase durch eine gesellschaftliche Komponente ergänzt: die Vermeidung von Food Waste durch Beratung und Sensibilisierung. Beteiligt sind unter anderem die städtischen Schulen von Rio de Janeiro. Hier gehört das Thema Umwelterziehung zum Lehrplan und die Schüler*innen lernen, wie Lebensmittelabfälle in organischen Dünger umgewandelt werden können. Auch in den Schulkantinen wird sehr darauf geachtet, dass möglichst wenig Lebensmittel übrig bleiben. Das, was dennoch an organischem Abfall anfällt, wird gesammelt und kommt in die Kompostierungsanlage, so dass der Kreislauf geschlossen wird.
Bernardo Ornelas: Der fertige Kompost wird zu einem Teil für die Düngung der Schulgärten genutzt aber auch zur Erhaltung des Tijuca-Regenwaldes und anderer Grünflächen in der Stadt durch das städtische Amt für Umwelt und Klima. Besonders wichtig war uns aber auch die Einrichtung der ersten „Lebensmittelbank“ (Banco de Alimentos) von Rio de Janeiro, die im Mai 2024 eröffnet hat. Es handelt sich um eine Art Lebensmittelverteilzentrum, das mit der Supermarktkette Zona Sul kooperiert. Nicht verkauftes Obst und Gemüse, das noch in gutem Zustand ist, wird mit Unterstützung der städtischen Abteilung für Sozialhilfe an bedürftige Bevölkerungsgruppen verteilt. In Rio gibt es einige Gebiete, die wir als „Lebensmittelwüsten“ bezeichnen, weil die Menschen dort keinen Zugang zu gesunden Lebensmitteln haben. Für uns von Comlurb ist es ein großer Erfolg, dass wir mit der Gründung der „Banco de Alimentos“ einen Beitrag zur Verbesserung der Ernährungssituation leisten können.
Ute Dreiocker: Dabei haben wir auch mit der staatlichen Uni von Rio de Janeiro kooperiert, die das Projekt wissenschaftlich begleitet hat und mit dem Sozialdezernat der Stadt, das mitentscheidet, wer überhaupt berechtigt ist, die Lebensmittel in Empfang zu nehmen. Das Projekt hat sich auch mit diesen beiden Kooperationspartner*innen weiterentwickelt – von dem urpsprünglichen Vorhaben der Abfallwirtschaft zu einem Projekt der Kreislaufwirtschaft und Ernährungssicherheit.
Wie sehen Ihre Pläne für zukünftige Projekte aus? Werden Sie weiter zusammenarbeiten?
Ute Dreiocker: Es gibt schon erste Ideen, aber wir sehen uns ja im September zur Partnerschaftskonferenz und da wollen wir tiefer in die Planung einsteigen. Als erste grobe Projektidee können wir schon sagen, dass wir in einem Pilotstadtviertel von Rio de Janeiro Privathaushalte in die Sammlung und Verwertung von organischen Haushaltsabfällen einbinden wollen. Dazu gibt es auch in Köln aktuell ein Projekt der Abfallwirtschaftsbetriebe (AWB) zur verpflichtenden Nutzung von Biotonnen in zwei Stadtteilen.
Bernardo Ornelas: Ja, es soll darum gehen, die Bewohner*innen für Umweltthemen zu sensibiliseren und darüber aufzuklären, dass jede*r Einzelne eine wichtige Rolle im Prozess der Klimaanpassung einnehmen kann. Ein weitere Idee ist, nach dem Vorbild Kölns die Müllsammelfahrzeuge in Rio so umzurüsten, dass sie mit Biogas aus der Verwertung der organischen Abfälle betankt werden können. Damit könnte das Projekt einen wichtigen Beitrag zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen und zur Erreichung der Ziele des Aktionsplans für nachhaltige Entwicklung und Klimaschutz 2030 der Stadt Rio de Janeiro leisten.