Sie haben als Baunach-Allianz bei den letzten beiden großen Wettbewerben der SKEW zweimal den Publikumspreis abräumen können. Das spricht dafür, dass Sie die Menschen sehr gut mobilisieren können. Wie gelingt Ihnen das?
Wir pflegen natürlich einen engen Kontakt zu unseren Vereinen, Initiativgruppen und auch zum Eine-Welt-Laden. Darüber hinaus haben wir über WhatsApp ein Informationsnetzwerk aufgebaut, und selbstverständlich sind unsere Stadt- und Gemeinderäte auch gute Multiplikator*innen. Hier hilft uns tatsächlich die Bürgernähe. Im Falle der Wettbewerbe haben wir kommuniziert, dass es um einen Gewinn geht, von dem wir hier alle was haben – auch dadurch, dass wir als Baunach-Allianz über unsere Region hinaus bekannt werden. In größeren Kommunen ist es vielleicht ein wirklicher Verwaltungsaufwand, die Leute zu informieren und zu motivieren. Bei uns gelingt das durch den direkten Draht zu den Menschen – nicht nur bei der Aktivierung für den Publikumspreis, sondern auch bei anderen Vorhaben.
Welche Rolle spielt die Zivilgesellschaft bei der Umsetzung Ihrer entwicklungspolitischen Projekte?
Im Gebiet unserer Baunach-Allianz gibt es zwei größere Nachhaltigkeitsgruppen, eine in der Stadt Baunach und eine in Ebern. Dazu kommen noch kleinere Initiativen. Es gibt auch einen Steuerungskreis mit sehr engagierten Leuten, der die unterschiedlichen Gruppen zusammenbringt und auch mal Workshops anbietet. Ein schönes Projekt ist zum Bespiel unser Gemeinschaftsgarten in Reckendorf. Die Initiative zu diesem Gemeinschaftsgarten ist aus der Geflüchtetenarbeit heraus entstanden. Wir haben bei uns im Ort eine Gemeinschaftsunterkunft für Geflüchtete in einer ehemaligen Pension. Wir wollten den Menschen die Möglichkeit geben, sich im Ort einzubringen und einer Beschäftigung außerhalb ihrer Unterkunft nachzugehen. Die Beete liegen in unserem Rathausgarten und alle, die möchten, können mitmachen. Das Angebot richtet sich sowohl an die Menschen aus der Geflüchtetenunterkunft als auch an Einheimische, die ebenfalls gerne gärtnern wollen.
Dass wir mit der Zivilgesellschaft unsere Ideen teilen und gemeinsam in Sachen Umwelt und Entwicklungspolitik an einem Strang ziehen, halte ich für sehr wichtig. In der Demokratie ist man nicht davor gefeit, dass ein politischer Wechsel stattfindet. Wir erleben das ja derzeit auch in vielen westlichen Staaten, in denen Politiker in die Regierung kommen, die mit nachhaltigen Themen nichts zu tun haben wollen. Genau dann sorgt eine engagierte Zivilgesellschaft dafür, dass wichtige Projekte weitergeführt werden und dass gute Ideen überdauern. Das wäre auch bei uns so. Natürlich werden momentan unsere Ziele, was Kommunalpolitik, Umweltschutz und auch Entwicklungspolitik angeht, von allen elf Bürgermeistern mitgetragen, aber die Prioritäten liegen eben auch nicht bei allen gleich stark auf der kommunalen Entwicklungspolitik. Daher ist es von Vorteil, dass das Engagement sehr gut in der Zivilgesellschaft verankert ist.
Was haben Sie noch vor in Sachen Entwicklungspolitik?
Ganz oben auf der Agenda steht unser Photovoltaikanlagen-Projekt gemeinsam mit unserer Partnerkommune in El Maamoura. Bei diesem Projekt ist es mir sehr wichtig, wenn der Erfolg auch auf uns hier ausstrahlen würde. Wir möchten unseren Leuten zeigen, schaut an, wenn wir ein solches Projekt zur alternativen Energiegewinnung in El Maamoura auf die Beine stellen, dann klappt das doch auch bei uns. Ich will noch stärker ins Bewusstsein bringen, dass ein Engagement in der kommunalen Entwicklungspolitik auch für uns etwas bringt. Was wir in Tunesien machen, das zahlt wieder auf unser Konto ein. Wir würden hier gerne ein Regenrückhaltebecken bauen, denn wir haben in unseren ländlichen Kommunen massive Probleme mit Starkregenereignissen. Alle zwei bis drei Jahre regnet es so stark, dass ganze Straßen unter Wasser stehen und die Keller volllaufen. Da zeigt sich die Klimaveränderung. Ich möchte, dass die Menschen verstehen: Jeder Beitrag zum Klimaschutz, egal wo auf der Welt, kommt uns allen zu Gute. Diese Botschaft möchte ich noch klarer vermitteln.
Warum sollten sich Ihrer Meinung nach deutsche Kommunen überhaupt in der Entwicklungspolitik engagieren? Und wie profitieren deutsche Kommunen auch selber von einem Engagement?
Ich bin mir sicher, dass sich unser Engagement in anderen Teilen der Welt langfristig auch bei uns wieder auszahlt. Wir sind als kleine Kommunen gemeinsam mit unseren Partner*innen in der Lage, ein konkretes Projekt umsetzen, aber es geht auch um die Bewusstseinsbildung, dass alles auf dieser Welt irgendwie zusammenhängt. Und wir dürfen uns nicht einreden lassen, dass ein kleiner Beitrag keine Wirkung hat. Es ist immer die Frage, ob das Glas halb voll oder halb leer ist. Wenn man in der Kommunalpolitik engagiert ist, dann muss man immer das halbvolle Glas sehen. Du musst immer die Erfolge und die Erträge deiner Arbeit sehen, dich darüber freuen und darauf setzen, es wird noch besser.
Interview: Julia Krakau