Jetzt, in der zweiten Phase des Projektes werden Sie Sich noch stärker um sogenannte Stresstests kümmern. Wie muss ich mir das vorstellen?
Prof. Wolfgang Dickhaut: Der Begriff Stresstest bezieht sich auf die Anwendung unserer in der ersten Phase erarbeiteten BlueGreenStreets Toolbox. Es gibt immer offene Fragen, wenn man aus so einem Forschungskonsortium was macht, was in der Praxis umgesetzt werden soll. Wie wird das verstanden? Wie anwendbar ist das, was man erarbeitet hat? Das ist mit dem Stresstest gemeint. Wir haben sehr viele positive Rückmeldungen zu der Toolbox bekommen. Sie wird in sehr vielen Kommunen und Planungsbüros als Handwerkszeug benutzt, und wir haben auch systematisch Vorschläge für Verbesserungen eingeholt, die wir jetzt in der Phase bis Ende dieses Jahres in der überarbeiteten Fassung einarbeiten werden. Die Hinweise gingen in die Richtung, dass wir noch stärker anwendungsorientierte Informationen geben sollten, wie macht man was umsetzt: konkrete, schnell bearbeitbare Grafiken, die man übertragen kann, oder Entscheidungsbäume und eine noch bessere visualisierte Darstellungsweise.
Haben Sie eine ungefähre Übersicht, wie viele Kommunen diese Toolbox schon nutzen?
Prof. Wolfgang Dickhaut: Wir haben ein Bestandteil der zweiten Phase die kommunale Netzwerkarbeit in digitalen Formaten ausgebaut. Wir haben sieben oder acht digitale Workshops durchgeführt. Das sind Halbtagesworkshops zu verschiedenen Themen mit 200 bis 450 Teilnehmenden. Das kann man jetzt nicht mit der Zahl der Kommunen gleichsetzen, weil ja mehrere pro Kommune kommen und auch Wissenschaftsinstitutionen und Planungsbüros sich beteiligen. Aber ich denke, dass etwa 100 bis 150 Kommunen diese Toolbox kennen und anwenden. Wir konnten feststellen, dass ein sehr großer Bedarf da ist.
Wenn in den nächsten Jahren weitere Projekte umgesetzt werden, wäre es wichtig, nachzuhalten, wie erfolgreich sie am Ende sind. Die Frage ist durchaus noch offen, auch wenn ich vorhin von der Königstraße gesprochen habe, so ist noch zu evaluieren, wie gut es am Ende gemacht wurde. Im Prozess hat man durchaus Verluste auf der Strecke zwischen den ersten Ideen über die Planung bis zum Bau und den Betrieb der Anlagen. Das zu evaluieren, sehen wir noch als unsere Aufgabe für die nächsten Jahre.
Sie hatten auch die Gelegenheit, internationale Erfahrungen zu sammeln. Ihre Stadt Hamburg hat eine Partnerschaft mit der Hauptstadt von Tansania, Daressalam. Was war dort Ihre Tätigkeit als Berater?
Prof. Wolfgang Dickhaut: Also formal bin ich dort als Gastprofessor an der Ardhi University in Daressalam für zehn Monate in 2023 und 24 tätig gewesen. Dort haben wir uns auch dem Thema „Wassersensible Stadtentwicklung“ gewidmet, also ähnlich wie bei BlueGreenStreets. Es geht darum, die Maßnahmentypen, Techniken, Verfahrensweisen und Instrumente von dezentraler Regenwasserbewirtschaftung in Tansania zu etablieren, zu gucken, wie das dort umsetzbar ist: zu überlegen, was von dem Know how in Deutschland der letzten 20 Jahre in welcher Form übertragbar ist. In Tansania besteht die Überflutungsproblematik von kurzzeitigen, sehr starken Regenfällen bei einer noch sehr schwach ausgebauten Regenwasserinfrastruktur, sodass es zu extremen Überflutungen der Städte kommt, die auch mal über zwei Wochen anhalten kann. Auf universitärer Ebene haben wir versucht, zu klären, was für Ansätze es im Moment schon in Tansania gibt, welche Maßnahmentypen bekannt sind und was noch nicht. Dann haben wir angefangen, auf universitärer Ebene Pilotprojekte zu entwickeln und mit dezentralen Rückhalte- und Versickerungsmaßnahmen zu experimentieren. Das war erfolgreich. Wir konnten für eine Schule zeigen, wie man deutlich die Überflutungsfrequenz, die Höhe der Überflutungen und die Dauer reduzieren konnte. Dann kam die Idee, auf städtischer Ebene ein größeres Thema daraus zu machen.