Text und Interview Julia Krakau.
Sie haben hervorgehoben, dass es aus Ihrer Sicht die kommunalen Partnerschaften sind, die einen wichtigen Beitrag zur Erreichung der SDGs leisten. Worin genau sehen Sie die Stärke dieser Partnerschaften?
Jede Kommune kümmert sich um die Daseinsvorsorge für die lokale Bevölkerung und genau das ist es, was Kommunen auf der ganzen Welt verbindet. So verschieden die Kommunen in Rheinland-Pfalz und Ruanda auch sein mögen, die Aufgaben sind ganz ähnlich: Wasser, Abwasser, Mobilität, Klimaschutz, lokaler Tourismus. Hier kann ich nur das SKEW-Projekt „Kommunaler Verwaltungsaustausch zwischen Rheinland Pfalz und Ruanda“, das 2018 angelaufen ist, positiv hervorheben. Es geht weit über die klassische „Entwicklungshilfe“ hinaus. Im Mittelpunkt dieses Vorhabens steht der Austausch von Wissen, von fachlicher Expertise. Die Kommunen können aufgrund ihres eigenen Fachwissens und der Tatsache, dass sie sehr genau wissen, worüber andere Kommunen eigentlich reden, sehr passgenaue Lösungen anbieten. Auch die Bürgermeister*innen beider Länder haben größtes Verständnis füreinander: für die Nöte der Menschen und die Bedarfe der Verwaltungen, aber auch für die Möglichkeiten, die sich durch eine Zusammenarbeit auftun. Aktuell engagieren sich 15 Kommunen aus Rheinland-Pfalz in diesem Projekt und es kommen immer wieder neue dazu. Auch der rheinland-pfälzische Städte- und Gemeindebund, die Hochschule für öffentliche Verwaltung und andere kommunale Akteur*innen sind ebenfalls mit dabei und arbeiten mit ihren Partner*innen in Ruanda eng zusammen.
Sehen Sie Ihr Bundesland durch die besondere Verbindung nach Ruanda in einer Vorreiterfunktion in Sachen (kommunaler) Entwicklungspolitik?
Wir haben den Riesenvorteil, dass unsere Länderpartnerschaft mit Ruanda seit über 40 Jahren besteht und im Bundesland Rheinland-Pfalz wirklich fest verankert ist. Egal, wer die Landesregierung stellt, wir hatten immer volle politische Rückendeckung und Unterstützung von allen Parteien. Die Partnerschaft wurde nie in Frage gestellt, auch nicht nach dem Genozid. Darüber hinaus konnten wir wichtige Strukturen schaffen: es wurde ein eigenes Ruanda-Referat in der Staatskanzlei der Landesregierung etabliert, wir haben einen sehr aktiven Partnerschaftsverein, und – das ist sicher einzigartig – ein eigenes Koordinationsbüro in Kigali, das als Anlaufstelle bei allen Anfragen hilft, bei der Betreuung der Projekte unterstützt, Spendenmittel verausgabt. Gerade für die neuen Kommunen, die sich in einer Partnerschaft engagieren wollen, ist das Koordinationsbüro eine wichtige Stütze beim Einstieg in das Engagement.
Haben Sie einen Wunsch für die Zukunft der Partnerschaftsarbeit zwischen Rheinland-Pfalz und Ruanda?
Das Land leistet viel. Wenn wir die aktuellen Mittel durch finanzielle Unterstützung seitens des Bundes ergänzen könnten, würden wir noch mehr Projekte realisieren können. Auch die Unterstützung durch die SKEW ist extrem wichtig, gerade wenn es um den Einstieg in eine mögliche Partnerschaft geht. Ich möchte sehr dafür werben, dass den Kommunen, die sich engagieren wollen, weiterhin die Auftaktreisen ermöglicht werden. Ich habe viele dieser Reisen begleitet und sie sind für alle Beteiligten ein Eye-Opener. Diese Reisen haben mit Tourismus nichts zu tun. Die Menschen kommen mit vielen Kontakten, Erfahrungen und Ideen für die gemeinsame Projektarbeit zurück, und danach ist die Bereitschaft, sich zu engagieren eine ganz andere. Alle Kommunen, die zum Beispiel nach Ruanda gereist sind, sind auch dabei geblieben. Ich denke, das ist ein toller Erfolg und dafür brauchen wir die notwendige politische und finanzielle Unterstützung.
Dieses Jahr findet die Bundeskonferenz der kommunalen Entwicklungspolitik in Ingelheim am Rhein statt, also in Ihrem Bundesland Rheinland-Pfalz. Warum ist eine Veranstaltung wie die Bundeskonferenz aus Ihrer Sicht für die Kommunen wichtig?
Derzeit stehen die Kommunen vor vielen Herausforderungen, deshalb finde ich es absolut fantastisch, dass viele trotzdem noch bereit sind, in die kommunale Entwicklungszusammenarbeit einzusteigen, Zeit zu investieren und durch persönliches Engagement Bürger*innen zu motivieren und zu mobilisieren. All diese Kommunen haben Anerkennung verdient.
Und natürlich ist es wichtig, dass Kommunen ihre Erfahrungen austauschen. Jede Kommune, jede Partnerschaft ist einzigartig, aber sie sind in vergleichbaren Themenfeldern unterwegs, haben mit ähnlichen Herausforderungen zu tun. Einige kommunale Ansätze können vielleicht auch für andere Kommunen ein Beispiel sein – nicht immer muss das Rad neu erfunden werden. Ich denke, es gibt viel Gesprächsbedarf und dafür ist die Bundeskonferenz eine hervorragende Gelegenheit! Mein persönlicher Wunsch an eine Bundeskonferenz in Rheinland-Pfalz ist natürlich, dass die Länderpartnerschaft Rheinland-Pfalz – Ruanda dort einer noch breiteren Öffentlichkeit vorgestellt wird.
Text und Interview: Julia Krakau