In einer ersten Annäherung an das Thema wurde generell auf die starke Präsenz der Korruption im Alltag in Marokko und Tunesien verwiesen. Berichte der Teilnehmenden zeugten davon, dass die Bestechung für die Inanspruchnahme von Dienstleistungen normal sei; um Bestechung vorzubeugen, plädierten sie für eine Besserung des Lebensstandards. In alltäglichen Szenarien, wie etwa der Beantragung eines Passes und der Ausstellung eines Strafzettels, wurde über Verhaltensoptionen diskutiert. Dabei wurde erkannt, dass den Verhaltensweisen kein Schwarz-Weiß-Schema zugrunde liegt und ein Mentalitätswandel für den weiteren Abbau von Korruption unabdingbar sei.
Außer der theoretischen Beschäftigung mit den Definitionen von Korruption, ging es auch um deren wirtschaftliche, politische und gesellschaftliche Dimension. Arwa Hassan zeigte auf, das Korruption Entwicklung verhindere, ein Klima des Misstrauens schaffe und die Armut befördere. Sie stellte die vielfältigen Typologien der Korruption dar: Stimmenkauf von Politikerinnen und Politikern, Geld für bestimmte Dienste wie etwa bei öffentlichen Ausschreibungen, Erpressung und Gewalt durch mafiöse Strukturen sowie Vetternwirtschaft. In Arbeitsgruppen konnten die Teilnehmenden dazu eigene Beispiele und Erfahrungen aus Marokko und Tunesien erarbeiten, dabei wurde oft auf Erfahrungen aus dem Gesundheitssektor und bei öffentlichen Ausschreibungen für Infrastrukturmaßnahmen Bezug genommen.
Die deutsche Perspektive wurde durch den Beitrag Reiner Hadamitzkys, Korruptionsbeauftragter der Stadt Braunschweig, vorgestellt. Seine von Bürgermeister und Verwaltung unabhängige Rolle als Rechnungsprüfer ermöglicht es, Gefährdungsanalysen durchzuführen. Er präsentierte Regelungen zur Vorbeugung wie beispielsweise die Stärkung des Wettbewerbes durch Vergaberegelungen und die Aufdeckung und Strafverfolgung von Korruption. Seine Arbeit ist zudem durch die Zusammenarbeit mit anderen staatlichen Institutionen und zivilgesellschaftlichen Organisationen sowie durch den Zusammenschluss in kleinen Netzwerken geprägt. Zur theoretischen Perspektive merkte Reiner Hadamitzky an, dass es zwar keine einheitliche Definition gäbe, doch zwei Aspekte entscheidend seien: die Erlangung eines Vorteils und der Schaden für die Allgemeinheit oder das Unternehmen.