Besonders erfreulich war, dass viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer von deutschen Kommunen ihre Partner aus Lateinamerika und der Karibik eingeladen hatten, so dass unter den rund 120 Gästen aus Kommunen und Zivilgesellschaft auch viele Kommunalvertreterinnen und Kommunalvertreter aus Brasilien, Nicaragua, Ecuador, Kolumbien, Jamaica und Peru gekommen waren, um sich gemeinsam zu aktuellen Themen der Partnerschaftsarbeit auszutauschen.
Nachdem sich ein Großteil der Teilnehmenden bereits beim Abendempfang im Museum angewandte Kunst kennengelernt hatte, startete am Donnerstag den 18. November im Kongresshaus Kap Europa die zweitägige Konferenz. Den Aufschlag machte Tatiane de Jesus vom Weltverband der Kommunen „United Cities and Local Governments“ (UCLG) – Sektion Lateinamerika mit einem differenzierten Vortrag zu den aktuellen Herausforderungen der Urbanisierung in der Region. Lateinamerika ist nach Nordamerika die am stärksten urbanisierte Region der Welt. Rund 82 Prozent der Bevölkerung lebe heutzutage in Städten; für das Jahr 2030 würden etwa 90 Prozent erwartet.
Damit entwickelten sich die Städte zu wichtigen Zentren für den privaten Sektor, für wachsende Arbeitsmärkte, Innovation, Technik und Forschung. Zugleich wüchsen die Anforderungen für die kommunale Daseinsvorsorge massiv an, durch erhöhte Armut, begrenzte Ressourcen und institutionelle Kapazitäten, wachsende soziale und ökologische Probleme sowie eine erhöhte Vulnerabilität. Um diese Probleme zu lösen sei die internationale kommunale Zusammenarbeit ein wichtiger Ansatz, so Tatiane de Jesus.
Im Zentrum des darauf folgenden Austausches standen aktuelle entwicklungspolitische Themen wie Klimawandel, Katastrophenschutz, Finanzierung, entwicklungspolitische Bildungsarbeit, Jugendförderung und Schulpartnerschaften. Dabei wurde deutlich, dass etwa die Inhalte und Methoden der entwicklungspolitischen Bildungsarbeit in Deutschland von hohem Interesse für die Partner aus den lateinamerikanischen Kommunen sind. Umgekehrt können die deutschen Kommunalvertreter beispielsweise im Umgang mit dem Klimawandel dazulernen, bei der stadtplanerischen Verankerung von Klimaanpassung und dem Management von Risiken wie Hurrikanen oder Überschwemmungen, wo die lateinamerikanischen Kommunen besondere Erfahrung haben.
Der zweite Tag begann mit zwei Fachvorträgen aus den Bereichen der zivilgesellschaftlichen und der staatlichen Entwicklungspolitik: Dr. Ramirez Voltaire von der Arbeitsgemeinschaft der Eine Welt-Landesnetzwerke in Deutschland e.V. (agl) machte deutlich, dass die lokale Ebene als Schmelztiegel aller gesellschaftlichen Gruppierungen, Wertevorstellungen und Lebenswelten auch die Basis für bürgerschaftliches Engagement sei. Dieser Ansicht folgend betonte Dr. Bernhard Felmberg vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), dass kommunale Partnerschaften aufgrund ihrer Nähe zu den Bürgerinnen und Bürgern - gepaart mit dem Know-how in den kommunalen Verwaltungen – durch das BMZ als besonders wertvoll eingeschätzt werden und auch in den kommenden Jahren weiterhin gestärkt werden sollen.
Ein großer Teil der deutsch-lateinamerikanischen Kommunalpartnerschaften besteht mit Kommunen aus Nicaragua. Daher war die Teilnahme der Botschafterin der Republik Nicaragua, Karla Luzette Beteta Brenes, für die Konferenz eine große Bereicherung. In ihrer Rede stellte sie die Notwendigkeit eines international gerechten Klimaschutzes in den Vordergrund. Die Länder des globalen Nordens stünden in der ökologischen Schuld und müssten deshalb „einen besonderen Beitrag zur Wiedergutmachung der von ihnen verursachten Schäden leisten“. Die Zivilgesellschaft in Deutschland und Europa solle noch vehementer auf ihrer Forderung nach Klimagerechtigkeit bestehen.
Zum Abschluss der Konferenz kündigte der Abteilungsleiter der Servicestelle, Dr. Stefan Wilhelmy, eine Ausweitung der Angebote für kommunale Entwicklungspolitik an. Dank erhöhter Zuwendungen des BMZ wird die SKEW ab 2016 ein Instrument zur personellen Unterstützung für deutsche Kommunen konzipieren und pilothaft erproben, zusätzlich zum Einsatz von Integrierten Fachkräften (zusammen mit dem Centrum für internationale Migration und Entwicklung (CIM)) und zu ASA Kommunal. Inhaltlich wird die entwicklungspolitische Bildung im außerschulischen Bereich verstärkt. Gleichzeitig wurden und werden die Angebote zur kommunalen Zusammenarbeit mit Osteuropa, besonders der Ukraine, ausgeweitet. 2016 stehen zwei weitere regionale Partnerschaftskonferenzen an: eine zu Afrika und eine zu Osteuropa. Für 2018 ist ein erneutes Zusammentreffen der Partnerschaften mit Lateinamerika und der Karibik geplant.