Beim letzten Wettbewerb hat sich Neumarkt gegen 99 Kommunen und Städte durchgesetzt und wurde „Hauptstadt des Fairen Handels 2019“. Was bedeutet das für Sie und Ihre Kommune?
Thomas Thumann: Es war für Neumarkt eine große Ehre und wirklich etwas Einzigartiges, dass wir als erste Stadt aus Bayern mit rund 40.000 Einwohnern zur Hauptstadt gekürt wurden! Natürlich sehen wir es auf der anderen Seite auch als Ansporn, unseren Weg zur weiteren Förderung des fairen Handels konsequent weiter zu gehen.
Was hat die Jury damals überzeugt – warum wurde Neumarkt „Hauptstadt des Fairen Handels“?
Das müssten Sie zunächst die Jury fragen! Soweit ich es beurteilen kann, gab es neben dem großartigen Engagement vieler Akteure in Neumarkt zwei ausschlaggebende Gründe. Zum einen bewerben wir uns seit vielen Jahren regelmäßig beim Wettbewerb und hatten schon zweimal Platz 2, einmal Platz 3 und einmal Platz 4 erreicht. Wir haben aus meiner Sicht über die Jahre unsere Projekte und Maßnahmen zunehmend gestärkt beziehungsweise weiter ausgebaut. Zum anderen ist es unsere Bestrebung, den fairen Handel und andere wichtige Nachhaltigkeitsthemen nicht als Zusatzaufgaben zu betrachten, die irgendwo mitlaufen, sondern als zentrale Themen unserer Stadtentwicklung.
Neumarkt hat für den Sieg 70.000 Euro erhalten. In welche Projekte ist das Geld geflossen?
Bisher haben wir aus dem Preisgeld 15 verschiedene Projekte gefördert. Dazu gehören selbstverständlich Veranstaltungen: Zum Beispiel haben wir die Nobelpreisträgerin, Wissenschaftlerin und Umweltaktivistin Dr. Vandana Shiva zu einem Vortrag eingeladen und uns am 11. März 2021 an der bundesweiten Aktion Flower Power beteiligt. Zum Weltfrauentag haben hier Frauen kostenlos Rosen aus fairem Handel erhalten. Noch wichtiger als Veranstaltungen ist für uns der Aufbau neuer Strukturen. Besonderen Fokus legen wir auf die Professionalisierung der Bildung für nachhaltige Entwicklung. Wir fördern mit dem Preisgeld die Neugründung der Neumarkter Akademie für Nachhaltigkeit. Aber auch die finanzielle Unterstützung des Vereins Fair Kultur Cafe oder des Storchennest e.V. als erste Eine Welt-Kita in Neumarkt gehören zu den strukturellen Maßnahmen. Ein aus meiner Sicht besonders wirkungsvolles Projekt ist der Videowettbewerb „So fair ist die Metropolregion Nürnberg“. Hier verwenden wir einen Teil des Preisgeldes dafür, um bis Herbst 2021 Videoclips von Akteuren aus der gesamten Fairen Metropolregion zu fördern, die wir dann für die Öffentlichkeitsarbeit einsetzen können.
Wie hat der Titel Ihre Kommune verändert?
Wie bereits betont, geht es uns vor allem darum, neue Strukturen zu schaffen, mit denen wir dauerhaft die Förderung von Nachhaltigkeit und fairen Handel in der Stadt verankern können. Aktionen und Projekte sind wichtig, aber sie sind zeitlich begrenzt. Strukturen wirken idealerweise auf viele Jahre hinaus.
Warum würden Sie anderen Kommunen empfehlen, sich am Wettbewerb zu beteiligen?
Einerseits ist es schon ein großer Gewinn, sich mit anderen Kommunen im Rahmen der Vor- und Nachbereitung des Wettbewerbs auszutauschen – unabhängig davon, ob man als Kommune einen Preis gewinnt oder nicht. Andererseits ermöglicht es dann natürlich das Preisgeld, neue Ideen umzusetzen und auszuprobieren.
Dieses Jahr sind sie als amtierende Hauptstadt Ausrichterin des Wettbewerbs. Das heißt, der Preis an die neuen Sieger wird von Neumarkt aus vergeben. In Zeiten von Corona wird die Veranstaltung sicher anders als in einem „normalem Jahr“?
Wir hoffen natürlich, dass wir als Gastgeber möglichst Gäste aus dem gesamten Bundesgebiet in Neumarkt begrüßen können, werden uns aber selbstverständlich an die im September geltenden „Corona-Regeln“ halten. Die Veranstaltung wird in unserem Historischen Reitstadel stattfinden und bietet dadurch einen festlichen, würdigen Rahmen. So wie es aktuell ausschaut, wird die Preisverleihung als Hybrid-Veranstaltung durchgeführt werden, eine begrenzte Anzahl von Gästen wird also vor Ort dabei sein können. Gleichzeitig ist die Veranstaltung online von daheim aus mitzuerleben.
Bedauern Sie, dass Sie den Titel wieder abgeben müssen?
Ein Bedauern ist es nicht. Vielleicht etwas Wehmut. Der Vorteil ist aber, dass wir uns beim nächsten Mal wieder bewerben dürfen!