Halbzeitbilanz zur Umsetzung der Agenda 2030

Einen wesentlichen Beitrag für nachhaltigen Klimaschutz bildet der Grundsatz, dass Konsumieren und Produzieren innerhalb der planetaren Grenzen erfolgen müssen. Damit muss das Thema Kreislaufwirtschaft höchste Priorität für die (regionale und kommunale) Wirtschaftspolitik erhalten. Einen Schwerpunkt sollte dabei die forcierte Förderung des nachhaltigen Bauens und der Modernisierung im Bestand bilden, da mehr als die Hälfte des deutschen Abfallaufkommens auf Bau- und Abbruchabfälle des Gebäudebereichs entfällt. Der anstehende Sanierungsbedarf von Gebäuden, Industrie und Verkehrsinfrastruktur kann gerade in den Kommunen genutzt werden, um aktuelle Herausforderungen im Klimaschutz zu adressieren. Urbane Räume beziehungsweise die „Stadtoberfläche“ sollte mithin mehrdimensional gestaltet und genutzt werden.

Die Erreichung des Zieles einer Reduzierung der täglichen Flächenneuinanspruchnahme für Siedlung und Verkehr auf unter 30 Hektar bis zum Jahr 2030 ist nicht zuletzt deshalb zentral, um dem dramatischen Rückgang der biologischen Vielfalt Einhalt zu gebieten. Dazu braucht es planungsrechtliche beziehungswiese planerische Vorgaben sowie passfähige Anreiz- und Förderprogramme, mit denen die Innenentwicklung sowie die Schaffung von Frei- und Grünraumflächen in den Kommunen viel stärker als bisher gefördert werden können. Um Siedlungs- und Infrastrukturplanungen auf die Einhaltung von Flächenverbrauchsvorgaben zu prüfen, bedarf es außerdem einer besseren personellen Ausstattung der zuständigen Fachämter in den Kommunen.

Das Leben innerhalb der planetaren Grenzen kann nur realisiert werden, wenn alle Menschen ein soziales Fundament und entsprechende Sicherungssysteme vorfinden. Trotz mancher Positiventwicklungen mit Blick auf die soziale Gesellschaftswende in den vergangenen Jahren, muss das Engagement auf allen Ebenen und in allen Landesteilen gleichermaßen weiter ausgebaut werden, um tatsächlich zu gewährleisten, dass niemand zurückgelassen wird. Der demografische Wandel mit seinen komplexen Auswirkungen zwingt uns dazu, alle Potenziale, die in der Gesellschaft vorhanden sind, auf ihrem jeweiligen Niveau zu fördern. Dies betrifft vor allem die weitere Stärkung von Bildungsangeboten und Erwerbsmöglichkeiten von Frauen, Älteren und Menschen mit Migrationshintergrund.

Kommunen benötigen für ihr Nachhaltigkeitsmanagement Rechts- und Planungssicherheit. Städte, Landkreise und Gemeinden benötigen ein klares Bekenntnis von Bund und Ländern für eine langfristige Unterstützung, um so über die für die Nachhaltigkeitstransformation notwendigen finanziellen und personellen Ressourcen verfügen zu können. Bund und Länder müssen die Kommunen noch stärker als eigenständige Akteure in ihre politischen Prozesse mit einbeziehen oder zumindest mitdenken. Auf ihre Kompetenzen und Erfahrungen kann nicht verzichtet werden.

Die Vielzahl der Förderprogramme von Bund und Ländern sollte sukzessive gebündelt, verstetigt und von ihrer Zielsetzung bedarfsgerechter im Sinne der Kommunen fokussiert werden. Die Entwicklung neuer Förderprogramme mit dem Schwerpunkt Nachhaltigkeit sollte langfristiger, stärker ebenenübergreifend und mit größerem Vorlauf erfolgen. Noch besser wäre eine Förderlogik, die auf Pauschalen setzt, die wirkungsorientiert von den Kommunen eingesetzt werden müssen. Förderungswürdig wären demnach Maßnahmen mit einem besonders hohen Wirkungsgrad bezüglich der Erreichung der Nachhaltigkeitsziele.

Für eine umfassende Nachhaltigkeitsberichterstattung, die als Teil der strategischen Steuerung der Überprüfung von Zielentwicklungspfaden dient und sich dabei an Verantwortliche und Betroffene in den Kommunen gleichermaßen richtet, ist die räumliche und zeitliche Schließung von Informations- und Datenlücken unabdingbar. Dazu müssen Informationen und Daten niedrigschwellig verfügbar, von guter Qualität, leicht verständlich und eindeutig interpretierbar sein. Über die Kommune hinaus hilft eine solide Informations- und Datenbasis relevanten Akteuren, passgenaue Instrumente und Unterstützungsangebote zu entwickeln. Um dies zu gewährleisten, müssen die Statistischen Ämter von Bund, Ländern und Kommunen gleichermaßen gestärkt und digitalisiert werden.

Das Nachhaltigkeitsmanagement der Kommunen sollte alle Impulse aufgreifen, die sowohl aus der eigenen Stadt kommen als auch durch gesamtgesellschaftliche Entwicklungen, Umweltveränderungen und politische Rahmenwerke begründet werden. Diese sollten strategisch vernetzt werden und als Ankerpunkte für eine möglichst breite Umsetzung des Nachhaltigkeitsgedankens in den verschiedenen Lebens- und Wirtschaftsbereichen genutzt werden. Die planvolle Zusammenführung bestehender Strategien, Initiativen und Programme öffnet Gelegenheitsfenster, erzeugt Synergien im Verbund von öffentlicher Hand und Zivilgesellschaft, ermöglicht Partizipation und Koproduktion und fördert nicht zuletzt Akzeptanz für die sozial-ökologische Nachhaltigkeitswende.

Für das Nachhaltigkeitsmanagement der Kommunen steht inzwischen eine Vielzahl an erprobten Instrumenten zur Verfügung – von Anleitungen zur Entwicklung von Nachhaltigkeitsstrategien, Nachhaltigkeitsberichten und Nachhaltigkeitsprüfungen bis hin zu Musterbeispielen zur Aufstellung von Nachhaltigkeitshaushalten. Nicht jede Kommune muss immer wieder bei Null anfangen. Die Vernetzung und der Austausch mit Good-Practice-Kommunen können Städte und Gemeinden, die am Anfang ihrer Nachhaltigkeitsbemühungen stehen, unterstützen. Auch der Rückgriff auf Beratungsangebote kann helfen, den passgenauen Einsatz dieser Instrumente für die eigene Stadt voranzutreiben und zu verstetigen.

Viele Kommunen setzen bereits fortlaufend Nachhaltigkeitsmaßnahmen um. Oftmals fehlt es jedoch an einer strategischen Einbettung sowie einer systematischen Wirkungsmessung. Um kommunales Nachhaltigkeitsmanagement als einen beständigen Lern- und Verbesserungsprozess über Fachzuständigkeiten hinweg in Verwaltung, Politik und Zivilgesellschaft zu leben, hilft die Orientierung an dem Vierklang „Plan – Do – Check – Act“. Strategische Planung wird dabei durch eine engagierte Maßnahmenumsetzung und ein systematisches Monitoring flankiert, um daraus wiederum Schlüsse für neue Planungen und Handlungen zu generieren. Ein solcher Ansatz wird umso erfolgreicher sein, wenn die handelnden Akteure durch eine positive Fehlerkultur motiviert werden.

Nachhaltigkeitsmanagement von Kommunen lebt von einer aktiven und zielgruppengenauen Kommunikation und Partizipation: Tue gemeinsam Gutes und rede darüber! Der intra- und interkommunale Wissensaustausch bildet eine zentrale Voraussetzung dafür, dass Nachhaltigkeit zum Leitprinzip eines jeden kommunalen Handelns werden kann. Denn die Struktur- und Verhaltensänderungen, die mit der sozial-ökologischen Nachhaltigkeitswende einhergehen müssen, 4 erfordern eine breite Bewusstseinsbildung, Transparenz und Nachvollziehbarkeit von Entscheidungen – sowohl innerhalb der Verwaltung als auch im Austausch zwischen Politik und Stadtgesellschaft. Nur so lässt sich die erforderliche Akzeptanz und Legitimation gewinnen. Dabei muss immer wieder deutlich werden, das lokales Handeln globale Auswirkungen in der Einen Welt hat.