Schon vor der Teilnahme am GNK-Projekt haben Sie in Baruth/Mark Bürger*innendialoge veranstaltet. Welche Erfahrungen haben Sie damit gemacht?
In so einer kleinen Kommune wie Baruth/Mark ist es wichtig, die Leute da abzuholen wo sie stehen. Man muss sie erst einmal selbst erzählen lassen und dann deutlich machen, dass das alles mit Nachhaltigkeit zu tun hat. Zum Beispiel sind Wasser oder Trockenheit in Brandenburg große Themen. Das ist so real, so offensichtlich. Alle sehen, dass es trocken ist und die Wälder brennen. Da muss man sich gar nichts ausdenken. Also holen wir die Landwirt*innen zusammen – die konventionellen, die ökologischen und die, die Rinder züchten – und wir reden. Und sofort sind wir mittendrin und die Leute fragen zum Beispiel, woher das Wasser kommt, das im Gewerbegebiet zu Mineralwasser gemacht wird.
Wie haben Sie dieses eingespielte Instrument für Ihre Nachhaltigkeitsstrategie genutzt?
Wir laden schon seit 2019 zu unseren Bürger*innendialogen ein. Die Menschen haben geäußert, was sie machen wollen. Sie haben aber auch sehr klar gemacht, dass sie sich erst engagieren, wenn die Stadt ein Zeichen für ihr „commitment“ setzt. Das geschah dann in Form der Unterzeichnung der Musterresolution zur Agenda 2030 auf kommunaler Ebene. Danach haben wir im GNK-Projekt das Profil für die Bürger*innendialoge weiterentwickelt: einen Arbeitsauftrag formuliert und auch Vorträge von lokalen Akteur*innen und von Expert*innen aus dem akademischen Bereich eingebaut. Wenn da jemand über die Versteppung Brandenburgs spricht, berührt das die Menschen und es entsteht eine Diskussion darüber, was wir machen können. So ist dann langsam ein Bild entstanden, was Nachhaltigkeit in und für Baruth/Mark bedeuten kann. Der neueste Schritt ist nun, dass wir die Bürger*innendialoge nicht mehr in der Kernstadt machen, sondern auf die Dörfer selbst gehen – in die Dorfgemeinschaftshäuser, zu den Vereinen. Das ist ein sehr direkter und enger Kontakt zu den Menschen.
Haben Sie auch die organisierte Bürgerschaft einbezogen?
Das ist halt einfach ein Netzwerk. So viele Vereine gibt es hier dann auch nicht. Baruth/Mark ist wie ein Dorf und die etwas machen kennen sich untereinander. Vielleicht hilft es bei einigen Sachen, dass ich seit Ewigkeiten hier lebe und mich für die Gesellschaft engagiere – jetzt eben zufälligerweise mal aus der Verwaltung heraus.
Wie ist es Ihnen gelungen, die lokale Politik an Bord zu holen?
Auch hier ist die persönliche Ebene im ländlichen Raum extrem wichtig. Das Stadtparlament besteht nur aus 16 Personen und die meisten kennen sich sehr gut. Man sieht sich im Supermarkt und auf dem Dorffest. Da sind informelle Gespräche einfach effektiv. Die Stadtverordnetenversammlung ist dann meist nur noch der krönende Abschluss. Zu Beginn haben wir aber auch zwei Studien zu Nachhaltigkeit mit der TH Wildau umgesetzt: eine Grundlagenarbeit darüber, was Nachhaltigkeit in der Kommune bringt, und ein Praxisprojekt zu konkreten Umsetzungsideen. Außerdem haben wir in einer Stadtverordnetenversammlung eine Art Lehrgang zu den SDG-Indikatoren für Kommunen gemacht und somit in Hinblick auf die Umsetzung der Agenda 2030 sensibilisiert. Und natürlich gibt es aber auch verschiedene politische Einstellungen hier und die Frage, was das mit der Nachhaltigkeit soll, wird durchaus unterschiedlich gesehen.
Sind Sie auch auf die Wirtschaft zugegangen?
Das haben wir immer mal wieder versucht. Einmal ist es uns gelungen, die Unternehmen aus dem Gewerbegebiet in Gesprächsformate einzubinden. Es gab zum Beispiel ein Lehrlingsprojekt mit der Firma Binderholz zu Designermöbeln und Kommunikationsräumen in der Stadt. Da wünsche ich mir aber noch mehr. Beim lokalen Kleingewerbe gibt es eine erfreuliche Entwicklung hin zu Regionalismus. Meine Aufgabe sehe ich da als Kommunikator und Ermöglicher, der diese ganzen Bewegungen im Sinne eines demokratischen Prozesses fördert.