Schwäbisch Gmünd gehörte im Wettbewerbsdurchgang 2022 zu einer der drei Gewinnerkommunen bei „Kommune bewegt Welt“. Ihre Kommune ist der Jury durch die hervorragende Vernetzung und Verknüpfung der Themen aufgefallen. Wie greifen in Schwäbisch-Gmünd die verschiedenen Handlungsfelder ineinander, welche Akteur*innen sind beteiligt? Wie gelingt Ihnen vor Ort kommunale Entwicklungspolitik?
„Global denken, lokal handeln“ – das ist das Motto, nach dem wir versuchen, unsere kommunalen Entscheidungen in allen Handlungsbereichen auszurichten. Wenn wir hier etwas verändern, welche Auswirkungen hat das auf den Rest der Welt? Ist unser Handeln nachhaltig im Sinne der Agenda 2030? Zwei wichtige Schritte, die uns in Schwäbisch Gmünd vorangebracht haben, war die Schaffung des Amtes für nachhaltige Entwicklung, Klimaschutz und Bürgerbeteiligung – ein Querschnittsamt im Dezernat des Oberbürgermeisters – und seit 2021 die geförderte Personalstelle zur Koordination kommunaler Entwicklungspolitik. Diese Stelle habe ich seit 2023 inne, seit Anfang Mai 2024 hat Schwäbisch-Gmünd diese Stelle verstetigt. Ich arbeite in meinem Arbeitsumfeld eng zusammen mit Kolleg*innen aus den Themenbereichen Klimaschutz, Klimaanpassung und Mobilität, aber auch mit Akteur*innen aus der Stadtgesellschaft.
In unserer Stadt gibt es drei Agenda 2030-Gruppen, in denen sich Vertreter*innen aus der Zivilgsellschaft, der lokalen Wirtschaft und auch aus der Verwaltung in verschiedenen Arbeitskreisen für die Themen Eine Welt, nachhaltige Mobilität und Klima engagieren. Mit diesen Agenda-2030-Gruppen planen wir gemeinsame Aktionen – wie etwa die jährlich stattfindenden Aktionswochen „Gmünd für Morgen“.
Unter dem Namen „Gmünd für Morgen“ haben wir auch einen Instagram-Kanal, den wir unter anderem dafür nutzen, die Sustainable Development Goals (SDGs) für die Menschen vor Ort erfahrbar zu machen. Dieser Kanal ist für uns ein wichtiges Instrument der Kommunikations- und Öffentlichkeitsarbeit: Wir laden zu Aktionen und Veranstaltungen ein und informieren über unsere Zukunftsthemen. Die Menschen vor Ort mitnehmen und für nachhaltige und globale Themen zu sensibilisieren – ich denke, dass gelingt uns hier gut. In diesem Zusammenhang möchte ich auch unsere beiden Projektpartnerschaften mit Obroshyne in der Ukraine und Bkerzala im Libanon erwähnen. Über große Entfernungen hinweg und trotz politischer Unsicherheiten ist eine große Verbundenheit mit unseren Projektpartner*innen entstanden und es gelingt uns, gemeinsame Projekte umzusetzen.
Als Gewinnerkommune aus 2022 darf sich Schwäbisch Gmünd dieses Jahr ja leider nicht am Wettbewerb beteiligen. War der Gewinn der Auszeichnung 2022 dennoch Ansporn für neue Projekte?
Der Gewinn des Wettbewerbs „Kommune bewegt Welt“ im Jahr 2022 war für uns als Verwaltung, aber vor allem auch für die vielen engagierten Menschen aus unserer Stadtgesellschaft eine große Auszeichnung und Wertschätzung. Der Preis hat uns durch die Aufmerksamkeit, die wir bekommen haben, und natürlich durch das Preisgeld neue Möglichkeiten eröffnet und für neue Projekte motiviert:
In unserer Partnergemeinde Bkerzala im Libanon gibt es aktuell keine Straßenbeleuchtung. Wir würden gerne Solarlampen anschaffen, die unabhänig vom schwankenden Stromnetz funktionieren. Neben einem Beitrag zur Nutzung erneuerbarer Energie wollen wir mit diesem Projekt die Sicherheit der Menschen vor Ort verbessern.
Hier in Gmünd realisieren wir gerade mehrere kleinere Projekte, um die Themen Nachhaltigkeit, Agenda 2030 und kommunale Entwicklungspolitik niederschwellig in die Stadtgesellschaft zu bringen. Im April 2024 haben wir zum Beispiel eine für alle kostenfreie Filmreihe „Auf nach Morgen“ gestartet, bei der Visionen für eine bessere Welt im Fokus stehen. Dazu haben wir Gesprächsgäste eingeladen, die von ihren eigenen Erfahrungen berichten und helfen, die Filme entwicklungspolitisch einzuordnen. So kommen wir miteinander in den Austausch und können auch unseren Arbeitskreis Eine Welt weiter bekannt machen.
Für 2025 planen wir gemeinsam mit dem Arbeitskreis Eine Welt etwas ganz Besonderes: den Tag der Entwicklungspolitik. Das ist noch ein Arbeitstitel und wir stehen bei der Planung noch ganz am Anfang. Einladen wollen wir alle Akteur*innen von der Akteurslandkarte „Von der Ostalb in die Welt“, und es soll Workshops, einen Markt der Möglichkeiten und eine große Gala geben. Auch die Schulen und unsere Partner*innen aus dem Globalen Süden würden wir gerne einbinden. Mit diesem Tag der Entwicklungspolitik wollen wir einer breiteren Öffentlichkeit die Bedeutung der kommunalen Entwicklungspolitik aufzeigen – damit dieses Politikfeld eine Selbstverständlichkeit wird und kein Fremdwort bleibt.
Warum ist Ihrer Meinung nach ein Wettbewerb wie „Kommune bewegt Welt“ wichtig? Haben Sie einen Tipp für Kommunen, die noch zögern, sich am Wettbewerb zu beteiligen?
Ich finde den Wettbewerb vor allem deswegen wichtig, weil er kommunales Engagement wertschätzt. Die Öffentlichkeitsarbeit, die mit dem Wettbewerb einhergeht, macht das Engagement auch einer kleineren oder mittleren Kommune für viele sichtbar und kann so für andere Kommunen sehr inspirierend sein. Die Anerkennung ist aber vor allem auch für die eigene Kommune wichtig. Man kann mit Stolz zeigen, was man im Kleinen macht und dass das eigene Engagement einen (globalen) Impact hat. Das ist auch hilfreich für die Kommunikation, warum spezielle Stellen (wie meine Koordinatorinnenstelle) oder auch Querschnittsämter wie unser Amt für nachhaltige Entwicklung, Klimaschutz und Bürgerbeteiligung notwendig und wirkungsvoll sind. Der Wettbewerb stärkt somit die eigene Arbeit. Mein Tipp für andere wäre: Machen Sie mit, zeigen Sie, was Sie im Kleinen machen – damit können Sie ein Vorbild sein und Großes bewegen!
Und eine Frage zum Abschluss: Warum ist das kommunale Engagement in der Entwicklungspolitik überhaupt wichtig?
Kommunen haben den direkten Kontakt zur engagierten Zivilgesellschaft und sind auch zugleich Vorbild für die Menschen vor Ort. Hier bei uns in Schwäbisch Gmünd leben Menschen aus über 140 Nationen. Mit unserem Engagement in der kommunalen Entwicklungspolitik zeigen wir auch ihnen, dass wir eine lebenswerte, weltoffene Kommune sind und dass wir uns mit ihnen verbunden fühlen. Die Verbundenheit spüren wir auch zu den Menschen in unseren Partnerkommunen. Es macht einen Riesenunterschied, ob man von den Geschehnissen in der Ukraine und Nahost nur aus den Nachrichten hört, oder ob man einen eigenen Zugang zu diesen Regionen hat und die dort lebenden Menschen persönlich kennt.