Partnerschaften mit Afrika haben Gesundheit im Fokus

Nicht aufhalten lassen wollten sich die Akteure der Nürnberger Projektpartnerschaft mit den togolesischen Kommunen Sokodé und Aného (zwischenzeitlich in Tchaoudjo 1 und Lac 1 umbenannt). Als das um sich greifende Coronavirus Reisen erst einmal undenkbar machte, organisierten die Partner die geplante Installation von 323 Solarmodulen auf den Krankenhäusern der beiden Kommunen in Togo „einfach“ virtuell. Die Mission gelang und inzwischen versorgen zwei Photovoltaikanlagen mit einer Nennleistung von je 46 Kilowatt-Peak die Kliniken in Sokodé und Aného. Diese sparen damit Energiekosten in erheblichem Umfang ein. Die frei gewordenen Mittel fließen direkt in eine bessere medizinische Versorgung. Im Rahmen des Projekts konnte außerdem eine kleinere Gesundheitsstation elektrifiziert werden. Über das Kommunale Corona-Solidarpaket der SKEW soll unter anderem die Stromversorgung weiterer fünf Gesundheitseinrichtungen im ländlichen Gebiet möglich gemacht werden.

Von Nürnberger Seite ist das Projekt demnächst abgeschlossen. In ihren Projektpartnerschaften setzt die Kommune bewusst auf einen Wechsel, geschuldet dem Wunsch, die Expertise der vielfältigen migrantischen Bevölkerung einzubinden. In einem transparenten und partizipativen Findungs- und Abstimmungsprozess wählte die Zivilgesellschaft zunächst die beiden togolesischen Städte für die Projektpartnerschaft aus. Auch die Entscheidung über zukünftige Partnerkommunen soll wieder in der Hand der Bürgerinnen und Bürger liegen.

Wie eine fruchtbare Kooperation zwischen Großstädten aussehen kann, zeigen die Partnerkommunen Hamburg und Dar es Salaam (Tansania). In über 45 Tandems – von der Blaskapelle bis zur Zusammenarbeit beim Denkmalschutz – begegnen sich die beiden Großstädte seit mehr als zehn Jahren auf Augenhöhe. Dies gilt insbesondere für ihren Austausch im Gesundheitssektor. Begonnen hat alles mit der die Kooperation des Hamburger Vereins für internationale medizinische Zusammenarbeit (VIMZ) mit dem Amana Hospital in Dar es Salaam. Aus dem Aufbau einer Endoskopie-Abteilung vor Ort erwuchs ein reger Fachaustausch mit wechselseitigen Hospitationen über mehrere Monate hinweg. Thematisch wurde an den Themen Digitalisierung und Patientenverwaltung gearbeitet, inzwischen sind die Schwerpunkte Kinder- und Müttersterblichkeit stärker in den Mittelpunkt gerückt. Neben weiteren Kliniken konnten zuletzt auch zwei Hamburger Kinderkliniken für die Zusammenarbeit gewonnen werden. Entscheidenden Aufwind bekam der Austausch ab 2018 durch das Förderprogramm Klinikpartnerschaften der GIZ. Im Jahr 2013 begannen die Partnerkommunen, sich auch mit strukturellen Fragen des Gesundheitssystems zu beschäftigen und diskutierten in einer Konferenz mit Klinikleitungen, Vertreterinnen und Vertretern von Krankenversicherungen und dörflichen Gesundheitsversicherungen die verschiedenen Modelle von staatlicher Gesundheitsversorgung bis hin zu versicherungsbasierten Versorgungssystemen.

Für eine bessere Kooperation und Abstimmung haben sich die Hamburger Akteure seit einigen Jahren im Netzwerk Gesundheit zusammengeschlossen. Dynamik, Professionalisierung und vor allem Motivation erhält das weitgehend ehrenamtliche Engagement der Akteure durch eine hauptberufliche Koordinierungsstelle, finanziert von der Senatskanzlei Hamburg und angesiedelt beim dortigen Diakonischen Werk.

Witten und das nordost-äthiopische Mekelle verdanken ihre kommunale Partnerschaft in erster Linie den Engagierten des Etiopia-Witten e.V. Dieser pflegt seit einer Äthiopienreise von Ärzten aus dem ganzen Bundesgebiet (2009) eine intensive Zusammenarbeit mit der Universität Mekelle und dem dortigen Universitätskrankenhaus Ayder Hospital. Es entstand eine hochspezialisierte Zusammenarbeit in mehreren medizinischen Fachrichtungen. Der Fachaustausch und die (Weiter-) Qualifizierung von medizinischem Personal stehen im Mittelpunkt, zum Beispiel zu spezifischen Operationstechniken und Krankheitsbildern. Zudem ist es gelungen, mit entsprechenden medizinischen Geräten Abteilungen wie eine (Kinder-)Kardiologie und ein Reha-Zentrum auszustatten und Abläufe im Ayder Hospital zu optimieren.

Ein weiter in die Breite reichendes Projekt der Partnerschaftsakteure nimmt sich der in Europa selten gewordenen rheumatischen Herzkrankheit (RHD) an. Obwohl Prävention (eigentlich) einfach ist – eine schlichte Penicillin-Behandlung der Auslöserkrankheit im Kindesalter kann die lebensbedrohliche Erkrankung verhindern – betrifft die Diagnose fast zwei Prozent der Kinder in Äthiopien. Das gemeinsame Programm PrevRHD konzentriert sich auf Prävention und Aufklärung. Ein Fortbildungs- und Informationsprogramm unter der Regie des Ayder Hospitals sensibilisiert politische und spirituelle Autoritäten für das Thema, klärt in der Bevölkerung über die Notwendigkeit der Antibiotika-Behandlung auf und bildet lokales Gesundheitspersonal zur Diagnose und Behandlung der Krankheit aus. Das Pilotprojekt wurde wissenschaftlich begleitet und publiziert. Eine Ausweitung auf weitere Regionen ist geplant.

Seit 2016 stützt sich die Zusammenarbeit zwischen Witten und Mekelle auch auf ein kommunales Standbein. Aktuell stellen die militärischen Auseinandersetzungen und die erschütternden Menschenrechtsverletzungen des Ende 2020 ausgebrochenen Konflikts in der Tigray-Region die Erfolgsgeschichte der Partner vor gewaltige Herausforderungen. Die Beteiligten hoffen auf baldigen Frieden und die Möglichkeit, die massiven Schäden zu beheben und ihre Projekte wieder aufzunehmen.

In den Projekten der Partnerschaft zwischen dem Enzkreis und Masasi in Tansania verbinden sich Klima- und Gesundheitsfragen ganz praktisch. Die Projekte der Klimapartnerschaft fokussierten sich in erster Linie auf die Gesundheitseinrichtungen der ländlichen Region im Süden des Landes. 27 Gesundheitsstationen des Masasi Districts konnten mit kleinen Photovoltaik-Anlagen ausgestattet werden, die eine Basisversorgung mit Licht vor allem bei nächtlichen Geburten und Handyladestationen für eine verlässliche Kommunikation nach außen sichern. In umfassenderem Stil versorgte die Partnerschaft zwei größere Health Centres mit erneuerbarer Energie und ermöglichte dadurch eine verlässliche Kühlung. So wurde zum ersten Mal das Lagern von Blutkonserven vor Ort möglich. Gemeinsam mit dem Partnerschaftsverein Marafiki wa Masasi e.V. unterstützt die Kommune zudem das Mkomaindo District Hospital in Masasi Town. Ein Aufwachraum konnte dort eingerichtet und medizinisches Personal geschult werden. Mit Spendengeldern des Vereins und Fördermitteln der GIZ-Klinikpartnerschaften stehen die Partner derzeit in den Startlöchern für die Ausstattung eines im Bau befindlichen Operationssaals sowie die damit einhergehende Aus- und Weiterbildung des Fachpersonals.

Einer der Schlüssel zum Erfolg findet sich im Enzkreis in der engen Zusammenarbeit und den personellen Überschneidungen zwischen Kreisverwaltung, Partnerschaftsverein und den lokalen Kliniken. Koordiniert durch eine anteilige Personalstelle bei der Stabsstelle für Klimaschutz und Kreisentwicklung gelingt es, die verschiedenen Projekte und Initiativen zu verzahnen.