Sabine Willenberg: Unser Verwaltungshandeln an übergeordneten Zielen auszurichten, hilft außerdem dabei, über die Jahre etablierte Prozesse auch einmal in Frage zu stellen. Das Evaluieren und Anpassen haben quasi eine reinigende Wirkung. Ich glaube allerdings, manche solcher Effekte zeigen sich erst nach einer gewissen Zeit.
Sophie Kratzer: Ein weiterer konkreter Nutzen ist die Greifbarkeit. Durch internationalen Fachaustausch wird ein Thema wie Klimawandel ganz anders in den Kontext gesetzt. Wenn ich sehe, wie sich die Folgen des Klimawandels in anderen Ländern zeigen, wird der Gedanke „global denken, lokal verantwortlich handeln“ plötzlich ganz konkret.
Sabine Willenberg: Im besten Fall gelingt es damit sogar, schwer erreichbare Teile der Stadtgesellschaft mit einzubeziehen, zum Beispiel Menschen in sozialen Brennpunkten. Bei Partnerschaften mit näher gelegenen Kommunen können wir es immer wieder schaffen, Gruppen von hier und dort in Austausch zu bringen. Es hat unglaubliche Effekte, wenn Jugendliche hier aus benachteiligten Quartieren mit Jugendlichen aus zum Beispiel Südosteuropa zusammenkommen.
Warum lohnt sich die Teilnahme am Wettbewerb „Kommune bewegt Welt“ aus Ihrer Sicht? Welche Impulse sind daraus für Leipzig entstanden?
Sophie Kratzer: Der erste Punkt ist die Sichtbarkeit, also die Möglichkeit unser Thema nach innen in die Verwaltung zu tragen und es dort auf höherer Ebene zu verankern. Aber es geht auch um die Wertschätzung für diejenigen, die sich für die kommunale Entwicklungspolitik in Leipzig einsetzen. Und drittens natürlich der finanzielle Aspekt. Mit den Preisgeldern ist es möglich, Projekte anzustoßen und zu entwickeln.
Sabine Willenberg: Genau. Es ist wichtig, die Mitarbeiter*innen einer Verwaltung dafür zu sensibilisieren, dass bei jedem kommunalen Handeln nicht nur das Gemeinwohl der eigenen Bürger*innen, sondern auch die Effekte in der Welt eine Rolle spielen. Das kann nicht nur eine didaktische Aufgabe sein, sondern muss über Wertschätzung, über Impulse, über Prozesse häppchenweise geschehen. Außerdem ist der Wettbewerb in der Kommunikation mit unseren Partnerorganisationen in der Zivilgesellschaft eine Hilfe, die ja teilweise schon viel länger, tiefer und breiter in der Thematik engagiert sind. Auch hier konnten wir zeigen, was wir als Verwaltung tun. Das Preisgeld des Wettbewerbs nutzen wir tatsächlich auch, um die Zivilgesellschaft noch mehr an unserem Entwicklungsprozess zu beteiligen.
Sophie Kratzer: Die Bewerbungsunterlagen sind recht einfach digital auszufüllen. Das Zusammenstellen gibt dabei die Möglichkeit, das Thema intern anzukurbeln und sich politischen Rückhalt zu holen. Das ist wichtig.
Sabine Willenberg: Wir in der internationalen Zusammenarbeit müssen oft legitimieren, warum wir mit unseren Partnern im globalen Süden und im globalen Norden so intensiv arbeiten. Da ist es wichtig, die Lerneffekte und Entwicklungspotenziale zu zeigen. Dabei ist es toll, dass wir uns mit einem Prozess bewerben konnten. Das sollte man als Kommune nutzen, sich nicht mit etwas Fertigem bewerben zu müssen, sondern mit dem Ansatz, den Ideen, sich zu vernetzen und weitere Partner innerhalb und außerhalb der Stadtverwaltung ins Boot zu holen. Das sehe ich als ein ganz großes Potenzial des Wettbewerbs.