Stefan Wagner, Bundesstadt Bonn, Amtsleiter des Amtes Internationales und globale Nachhaltigkeit: Der Bericht des IPCC ist ein Weckruf an uns alle. Wie verheerend sich die Folgen des menschengemachten Klimawandels auswirken können, haben die jüngsten Ereignisse wie Flutkatastrophen, Waldbrände, Hurrikane und Starkregenereignisse – weltweit und direkt bei uns vor der Haustür – gezeigt. Kommunen sind von den Folgen dieser Klimaveränderungen besonders betroffen. Notwendig ist eine Transformation auf allen Ebenen. Auf der kommunalen Ebene müssen wir unsere Anstrengungen im Klimaschutz und bei der Klimaanpassung massiv verstärken. Wir tragen aber auch Mitverantwortung für die menschengemachten Klimafolgen im globalen Süden. Kommunale Klimapartnerschaften, wie von der SKEW gefördert, leisten einen wichtigen Beitrag zum kommunalen Erfahrungsaustausch. Auch der Ausbau von fairem Handel und nachhaltiger Beschaffung kann helfen, die Lebensbedingungen vieler Menschen zu verbessern – hier haben Kommunen einen starken Hebel.
Viele Zuständigkeiten und Handlungsmöglichkeiten
Lizzi Sieck, Strategien und Szenarien zu Klimaschutz und Energie, Umweltbundesamt: Der IPCC-Bericht verdeutlicht den großen und dringenden globalen Handlungsbedarf im Klimaschutz. Die Kommunen wurden dabei nicht spezifisch adressiert. Für sie gilt aber die gleiche Notwendigkeit, schneller und entschlossener für den Klimaschutz aktiv zu werden. Kommunen haben viele Handlungsmöglichkeiten und Zuständigkeiten, die effektiv für den Klimaschutz genutzt werden können; etwa in den Bereichen Bauleit- und Verkehrsplanung, Ordnungsrecht, Sanierung kommunaler Liegenschaften oder bei der Motivation, Beratung und Förderung der Akteurinnen und Akteure vor Ort. Die schnelle, systematische und entschlossene Nutzung dieser Potenziale zur Treibhausgasminderung muss von allen Kommunen realisiert werden. Die Unterstützung der Kommunen durch Bund und Länder ist dabei besonders relevant. Kommunen sind zudem bereits heute von den Folgen des Klimawandels betroffen. Es bedarf daher einer zügigen Umsetzung notwendiger Maßnahmen wie Gefahren- und Risikokarten für lokale Starkregenereignisse, naturnahe Regenwasserbewirtschaftung und lokale Hitzeaktionspläne. Kommunen benötigen dafür einen verlässlichen finanziellen und rechtlichen Rahmen. Das Umweltbundesamt schlägt deshalb eine neue Gemeinschaftsaufgabe Klimaanpassung sowie ein Klimaanpassungsgesetz des Bundes vor.
Von Erfahrungen aus dem globalen Süden profitieren
Moritz Schmidt, wissenschaftlicher Projektmanager, Landesarbeitsgemeinschaft Agenda 21 NRW e.V.: Der Tenor des IPCC-Reports ist klar: Nie zuvor gab es eine so gute und eindeutige globale Datenlage. Neue wissenschaftliche Methoden wie die Attributionsforschung können Wetterextreme präzise dem anthropogenen Klimawandel zuordnen. Die Ergebnisse und Schlussfolgerungen all dieser Forschungen sind ebenfalls klar wie nie: Die Zeit zu handeln ist jetzt! Die Akteurinnen und Akteure auf allen Ebenen sind dazu aufgerufen, auf Grundlage der Ergebnisse des IPCC-Berichts ihre Ambitionen zum Klimaschutz und zur Klimafolgenanpassung zu steigern. Kommunen spielen dabei eine besondere Rolle, da hier situationsbezogene intelligente Lösungen unter Abwägung der verschiedenen Belange einer nachhaltigen Entwicklung gefunden werden müssen. Dabei wird für Kommunen in Deutschland, aber auch weltweit, das Thema der Anpassung an die negativen Auswirkungen des Klimawandels wesentlich stärker in den Mittelpunkt rücken müssen. Hierbei können deutsche Kommunen von den Erfahrungen aus dem globalen Süden profitieren, da dort bereits seit Jahren Strategien zum Umgang mit dem Klimawandel erprobt werden. Kommunale Klimapartnerschaften können diesen Austausch in einem strukturierten Prozess erleichtern, der neben der Entwicklung eigener Maßnahmen auch den Austausch zu guten Beispielen mit weiteren Kommunen aus Deutschland und dem globalen Süden ermöglicht.