Lesetipp: Gute Gründe für nachhaltige kommunale Beschaffung

Die öffentliche Hand verfügt über eine enorme Marktmacht!

Die Ausgaben für öffentliche Beschaffung belaufen sich jährlich auf eine Summe, die etwa 15 Prozent des deutschen Bruttoinlandprodukts entspricht – nämlich auf gut 500 Milliarden Euro. Würde der komplette öffentliche Einkauf nachhaltig ausgerichtet sein, hätte das einen großen Einfluss auf die Arbeitsbedingungen in den Produktionsländern und auf den Klimaschutz.

Kommunen können also mit nachhaltigem Einkauf einen Beitrag zur Einhaltung globaler Arbeits- und Menschenrechte, aber auch zum Klima- und Umweltschutz leisten. Außerdem können Sie die Markteinführung nachhaltiger Produkte und Dienstleistungen fördern.

Kommunen haben es in der Hand: Über 60 Prozent der Ausgaben für öffentliche Beschaffung entfallen auf die kommunalen Haushalte.

Jede Stadt, jeder Bezirk, jede Gemeinde kann einen Ratsbeschluss zur Einhaltung sozialer und ökologischer Kriterien bei der öffentlichen Vergabe fassen, Landkreise einen entsprechenden Kreistagsbeschluss. Damit erfüllen sie nicht nur gegenüber Bürger*innen ihre Pflicht, öffentliche Gelder so auszugeben, dass die Lebensgrundlage nachfolgender Generationen gesichert ist, sondern übernehmen auch eine Vorreiterrolle. Mit einer nachhaltigen Einkaufspraxis durch Einfordern von Nachhaltigkeitskriterien gehen Kommunen in Sachen verantwortungsvoller Konsum mit gutem Beispiel voran und werden den Erwartungen der Bürger*innen an zukunftsfähige Wirtschaftsstrukturen gerecht.

Die Verankerung nachhaltiger Kriterien in Ausschreibungen erhöht nicht zwangsläufig den Preis.

Angebote sollten nach ihrer Wirtschaftlichkeit bewertet werden, nicht allein nach ihrem Anschaffungspreis. Oft wird nur der Einkaufspreis als Kriterium herangezogen, nicht aber die Betriebs-, Wartungs- oder Entsorgungskosten. Nachhaltige Produkte sind häufig langlebiger, verbrauchen weniger Energie und führen zu weniger Müll. Über den gesamten Lebenszyklus betrachtet sind sie deshalb meist sogar günstiger. Da Kommunen oft große Mengen eines Produktes einkaufen, können sie durch die Bündelung von Beschaffungen ökonomische Vorteile erzielen und Preise mitgestalten.

Das Preiskriterium sollte nicht als einziges Argument für die Beschaffung herangezogen werden. Als öffentliche Auftraggeberinnen tragen Kommunen gesellschaftliche Verantwortung zur Gestaltung einer nachhaltigen Wirtschaft. Bedenkenswert ist auch, dass ein nicht existenzsichernder Lohn oft durch zusätzliche Sozialleistungen ausgeglichen werden muss. Im Grunde zahlt die öffentliche Hand dann einen Teil des Gewinns der Firma, die keine fairen Löhne zahlen will und deshalb Produkte oder Dienstleistungen günstiger anbieten kann.

Die Einforderung sozialer und ökologischer Standards führt in Bereichen, in denen Zertifikate und Siegel deren Einhaltung garantieren, zu keinem erhöhten Bürokratieaufwand für Beschaffer*innen.

Siegel für Sozial- und Umweltstandards erleichtern sogar den Einstieg in die nachhaltige Beschaffung und sind besonders hilfreich bei der Nachweiserstellung. Sie können bestimmte Siegel von Bieter*innen einfordern und müssen nicht selbst kontrollieren, ob die geforderten Standards eingehalten werden. Viele Siegel sind vom Gesetzgeber ausreichend geprüft. Einen guten Überblick bekommen kommunale Beschaffer*innen über den Kompass Nachhaltigkeit oder andere Internetportale.

Zum Kompass Nachhaltigkeit

Entscheidend für den Aufwand ist aber die eigene Organisation: Auch wenn Sie anfangs mehr Aufwand haben, weil Sie Bieter*innen informieren oder sich über Label informieren müssen, lohnt es sich, sich in das Thema einzuarbeiten. Denn wenn Ausschreibungen und Kompetenzen gebündelt und Verwaltungsabläufe effizient gestaltet werden, sind Ausschreibungen künftig mit weniger Arbeit verbunden.

Fairer Einkauf ist immer möglich und auf keiner Ebene gesetzlich untersagt.

Auch wenn das Vergaberecht an manchen Stellen komplex ist, gibt es eine Vielzahl von Möglichkeiten, soziale und ökologische Kriterien in den Ausschreibungsprozess auf EU- oder Bundesebene zu integrieren. Auch der in den Landeshaushaltsordnungen verankerte Grundsatz der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit steht dabei nicht in einem unvereinbaren Gegensatz zur öko-sozialen Beschaffung.