Wie binden Sie in Serbien die Bevölkerung in städteplanerische Prozesse ein?
Es ist in Serbien gesetzlich vorgeschrieben, die Bevölkerung in städteplanerische Prozesse einzubinden. Die Lokalverwaltungen verfügen über Erfahrungen in verschiedenen Teilhabeprozessen. Eine Auswahl von Praxisbeispielen, wie wir inklusive, öffentliche Räume auf lokaler Ebene gestalten, haben wir im Juni 2022 beim World Urban Forum in Katowice, Polen, vorgestellt. Die Städte Kruševac, Niš und Belgrade haben elf verschiedene Initiativen präsentiert: angefangen vom kleinen Innenhof in Niš bis hin zur großen Parkanlage, die ein ehemaliges Bahngelände in der Altstadt Belgrads ersetzt. Hier wurden neue Grünflächen, Fahrrad- und Fußgängerwege geschaffen. Die elf vorgestellten Initiativen tragen alle zur Erfüllung der Agenda 2030 und ihrer 17 Ziele, insbesondere Ziel 11, nachhaltige Städte und Gemeinden, bei. Diese Projekte zeigen, dass unsere Kommunen offen für gegenseitigen Austausch sind und natürlich auch dafür, voneinander zu lernen. Meine Organisation, der serbische Städteverband, unterstützt diese Bemühungen.
Ihr Department hilft serbischen Kommunen auch dabei, Siedlungen, die von der Minderheit der Roma bewohnt werden, aufzuwerten. Wie funktioniert das?
Die Konferenz der Städte und Gemeinden ist Teil des EU-Projekts „Strategischer EU-Rahmen zur Gleichstellung, Inklusion und Teilhabe der Roma“. Eine Komponente zielt darauf ab, die Lebensumstände dieser Minderheit in den serbischen Gemeinden zu verbessern. Wir haben diesen Prozess mit elf Städteplanungsprojekten unterstützt. Wir werten hiermit illegal erbaute Siedlungen auf, in denen sich überwiegend Roma niedergelassen haben. Zusätzlich zu städteplanerischen Arbeiten und der Unterstützung beim Ausbau der kommunalen Infrastruktur bieten wir Rechtsberatung an, die die Menschen dabei unterstützt, den Bau ihrer Häuser und Wohnungen offiziell und nachträglich genehmigen zu lassen.
Hört sich kompliziert an…
Es gab verschiedene Herausforderungen: Die Bewohnenden der Siedlungen, also Angehörige einer äußerst vulnerablen Minderheit, mussten in die Planungsprozesse eingebunden werden. Zu Beginn des Prozesses war keiner der beteiligten Städteplanerinnen und -planer begeistert von diesem Vorhaben, nicht zuletzt, weil wir überwiegend Aufgaben technischer Natur hatten. Am Ende waren die Ergebnisse jedoch beeindruckend: an über 30 Workshops und öffentlichen Diskussionen hatten sich 1.000 Betroffene beteiligt. Die Planerinnen und Planer haben die Bewohnenden nach ihren Wünschen und Bedürfnissen befragt. In einigen Fällen war man sich über den baurechtlichen Status schon einig, noch ehe die Pläne fertig waren. Die lokale Selbstverwaltung hat sich intensiv und aktiv in den Prozess eingebracht. Das Ergebnis: jetzt haben wir hunderte Häuser und Wohnungen, die legal stehen bleiben dürfen. Außerdem gibt es eine große Anzahl lokaler Verwaltungsangestellter, die in unseren Trainings geschult wurden und die rechtlich fit sind in Sachen Landbesitz.