30 Jahre Agenda 21 – die Agenda definiert Nachhaltigkeit als übergreifendes Ziel der Politik. Wie weit sind wir davon entfernt?
Die Agenda 21 mit ihren Folgeaktivitäten auf lokaler Ebene hat einige Prozesse angestoßen. Beispielsweise sind in vielen Kommunen Agenda-Prozesse entstanden, die häufig wichtige Impulse für die nachhaltige Stadtentwicklung gegeben haben. Die Agenda 2030 und ihre Sustainable Development Goals (SDGs), die 2015 festgelegt wurden, waren nochmals ein positiver Impuls. Ich denke, sowohl die Agenda 21 als auch die nachfolgende Agenda 2030 haben ein grundsätzliches Verständnis dafür geschaffen, dass Nachhaltigkeitsfragen von großer Bedeutung sind für Kommunen, Unternehmen, Organisationen und Verbände. Doch es könnte noch besser sein: Nachhaltigkeit ist noch zu oft ein Thema für die Sonntagsreden. Von Montag bis Samstag widmet man sich vermeintlich wichtigeren anderen Themen.
Der Koalitionsvertrag könnte Nachhaltigkeit aus der Nische „Sonntagsrede“ herausholen…
Der Vertrag enthält schon viele gute Elemente. Allerdings zieht sich Nachhaltigkeit nicht so systematisch und als roter Faden durch das Dokument, wie es eigentlich aus den Agenden 21 und 2030 folgen müsste. Damit das Prinzip in alle wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Bereiche gelangt, müssten sich beispielsweise die Bundesministerien besser abstimmen. Es gibt ja bereits aus unterschiedlichen Ministerien, wie dem BMZ, BMU oder dem Innen- und Bauministerium, Förderangebote und Programme mit Nachhaltigkeitsbezügen. Die RNE-Forderung, die wir auch in die Koalitionsverhandlungen eingebracht haben, ist, dass die Bundesregierung ihr Vorgehen in diesem Bereich besser koordinieren muss. Vorstellbar wäre, das zum Beispiel über ein Netzwerk oder ein Kompetenzzentrum „Kommunale Nachhaltigkeit“ zu regeln. Über diese Stelle könnten die verschiedenen Ressorts ihre Angebote zusammenstellen und aufeinander abstimmen.
Wo sind wir bereits erfolgreich und führen den Kurs im Sinne der Agenda 2030 fort?
Einige Kommunen haben Nachhaltigkeit zu ihrem Leitprinzip gemacht: Sie haben Nachhaltigkeitsstrategien entwickelt, oft im Austausch mit anderen Akteuren aus der Stadt oder mit internationalen Partnern. Auch kleinere Kommunen haben es geschafft, Nachhaltigkeit zu einer Grundessenz der kommunalen Kooperationsstrukturen zu machen. Das ist eine gute Voraussetzung, um neue Herausforderungen angehen zu können, wie aktuell das Klimathema, das uns alle betrifft.
Welche Rolle spielen Kommunen, wenn es um die globale Nachhaltigkeit geht?
Sei es Klimaschutz, Mobilität, Umweltschutz, Armutsbekämpfung oder das soziale Miteinander – bei vielen der Themen, die für Nachhaltigkeit wichtig sind, werden auf kommunaler Ebene bedeutsame Entscheidungen getroffen. Kommunen weltweit tragen also einen entscheidenden Teil zum großen Ganzen bei. Wenn wir die Ziele der deutschen Nachhaltigkeitsstrategie betrachten, liegt bei etwa der Hälfte ein Großteil der Verantwortung auf der lokalen Ebene. Ganz im Sinne des Prinzips der Agenda 21 „think globally, act locally“.