Engagement für fairen Handel und faire Beschaffung, Spitze!

Herrieden ist strukturell beim fairen Handel gut aufgestellt, so Laudatorin Barbara Meißner vom Deutschen Städtetag. Die kleine Kommune verfügt sogar über einen eigenen Koordinator für kommunale Entwicklungspolitik, der nicht nur über ein eigenes Budget verfügen, sondern auch auf die volle Unterstützung des Stadtrats zählen kann. Zu den strategischen Maßnahmen der Stadt gehören auch ein „entwicklungspolitischer Check“ bei Stadtratsbeschlüssen und ein Leitfaden für nachhaltige Beschaffung. Fair beschafft werden in Herrieden unter anderem Dienstkleidung und Sportbälle. Bei der Öffentlichkeitsarbeit fiel der Jury besonders ins Auge, dass sich Herrieden jedes Jahr ein neues Jahresthema gibt, in dessen Rahmen Aktionen stattfinden und neue Produkte für das Stadtmarketing entwickelt werden. Darunter: eine faire Stadtschokolade und ein Stadtkaffee, faire Handtücher anlässlich des 50-jährigen Jubiläums des Parkbads und faire Stofftaschen oder Babylätzchen für die Neubürger*innen.

In Markkleeberg werden trotz geringem Budget und ohne eine eigene Personalstelle für kommunale Entwicklungspolitik viele innovative Projekte umgesetzt. Es gibt einen Stadtratsbeschluss zur Berücksichtigung von sozialen und ökologischen Kriterien in der öffentlichen Beschaffung und die Mitarbeiter*innen der Kommune haben sich in Grundlagen- und Vertiefungsschulungen in das Thema faire Beschaffung eingearbeitet. Inzwischen gibt es zahlreiche Beispiele für Produkte, die in Markkleeberg nachhaltig beschafft wurden und werden, unter anderem Natursteine, Arbeitsschutzkleidung, Büromaterialien, Holz und Lebensmittel. Die Kommune ist auch strukturell gut aufgestellt und arbeitet gerade unter Bürger*innenbeteiligung an einer Nachhaltigkeitsstrategie. Beteiligungsformate machen in Markkleeberg dabei nicht an der Stadtgrenze halt: die Stadt ist gut mit vielen anderen sächsischen Kommunen vernetzt und bringt mit diesen den fairen Handel und die faire Beschaffung in der Region voran.

Das Thema „nachhaltiger und fairer Konsum“ ist in Heidelberg überall präsent – von Kindergärten, Schulen über das Studierendenwerk bis zur fairen Woche. Mit der Fashion Revolution Week bringt Heidelberg seit 2020 die ganze Stadtgesellschaft zusammen, um fairen Handel am Beispiel der Textil- und Modebranche zum Thema zu machen. Als Kommune geht Heidelberg mit gutem Beispiel voran: mit einer Dienstanweisung hat die Stadt erreicht, dass verschiedenste Produktgruppen fair beschafft werden können. Zu diesen „sensiblen Produkten“ zählen neben Lebensmitteln und Schnittblumen auch Spielwaren, Textilien, Sportartikel und Natursteine. Schulungen für die städtischen Mitarbeitenden begleiten diesen Prozess. Heidelberg fördert Vereine und Initiativen, die sich für fairen Handel einsetzen, sowohl finanziell als auch personell. Darüber hinaus zeigt Heidelberg Haltung und unterstützt seine Partner*innen im Globalen Süden mit einem Partnerschaftskaffee, dessen Erlöse an eine Kooperative in Nicaragua geht.

Ausgezeichnet wird die schwäbische Kommune für ihre herausragende Informations- und Bildungsarbeit, die auch ungewöhnliche Produkte und Produktgruppen, wie Palmöl oder faires Spielzeug in den Blick nimmt und viele Mitmachaktionen wie Kochkurse oder Unterschriftenaktionen umfasst. Als außergewöhnlich bewertet wurde die Auseinandersetzung mit dem Thema faire Geldanlagen und Kommunalfinanzen: 10.000 Euro aus den kommunalen Rücklagen investierte die Gemeinde bei einer Entwicklungsgenossenschaft. Ebenfalls einmalig war das Zusammenbringen eines nicaraguanischen Kaffeebauers, der der solidarischen Landwirtschaftsbewegung seines Landes angehört mit einem SoLaWi-Landwirtschaftsbetrieb in Nürtingen.

Fast noch ein Newcomer ist der Landkreis Cochem-Zell in Sachen fairer Handel und faire Beschaffung. Nachdem von 2017 bis 2022 eine eigene Nachhaltigkeitsstrategie für den Landkreis erstellt wurde, ging es vor allem seit 2022 mit großen Schritten voran. So wurde im März 2022 eine Koordinatorin für kommunale Entwicklungspolitik in die Kommune geholt, die entwicklungspolitische Projekte in der Verwaltung anstößt und begleitet. Im November 2022 verabschiedete der Kreistag Cochem-Zell einstimmig einen Beschluss zu nachhaltiger Beschaffung, es folgte ein Strategieworkshop und die Erstellung einer Dienstanweisung und einer Handreichung. Mit einem Nachhaltigkeitstag in der Kreisverwaltung sensibilisiert der Landkreis auch die eigenen Mitarbeiter*innen für nachhaltige Themen. Im Juni 2023 wurde der Landkreis Cochem-Zell Projektpartner von Engagement Global beim bundesweiten Fair Kongress in Erfurt.

Bremerhaven ist schon seit 2005 regelmäßig beim Wettbewerb „Hauptstadt des Fairen Handels“ dabei. Nach einer längeren Pause, ist die Seestadt seit 2019 wieder mit von der Partie. Bremerhaven verfügt seit 2021 über eine eigene Kompetenzstelle für nachhaltige Beschaffung, welche unter anderem die städtischen Auszubildenden zu Verwaltungsfachangestellten in öko-sozialen Beschaffungsvorgängen schult und die beschaffenden Stellen der Kommune bei Einkäufen begleitet. Weil man nicht alles alleine machen kann, sucht Bremerhaven bewusst den Schulterschluss mit anderen Kommunen. Naheliegend ist natürlich die Kooperation mit der Landeshauptstadt Bremen, etwa beim Bezug von fairer Arbeitskleidung. Weitergehender und innovativ ist die Vernetzung mit der Berliner Polizei, der Stadt Karlsruhe, der Stadt Oldenburg und Bremen bei der Ausschreibung und Zuschlagserteilung für faire und zirkuläre Textilien. Hier ist zukünftig sogar geplant, die Lieferketten der Textilien zu verfolgen.

Auch die Kommunen, die es am Ende nicht aufs Siegertreppchen geschafft haben, gehen im Wettbewerb „Hauptstadt des Fairen Handels“ traditionell nicht leer aus. Die Servicestelle Kommunen in der Einen Welt (SKEW) bietet im Nachklang zu jeder Wettbewerbsrunde mehrere Termine für Erfahrungsaustausche an, zu denen alle Städte, Gemeinden und Landkreise eingeladen sind, die am Wettbewerb teilgenommen haben. Ziel der Erfahrungsaustausche ist es, Kommunen untereinander zu vernetzen und gute Ideen und Projektansätze zu teilen. Hier ist Nachmachen ausdrücklich erwünscht, denn jede aktive Kommune ist Botschafterin für den fairen Handel.