Könnten Sie kurz beschreiben, was die Ziele und die derzeitigen Aktivitäten der Klimapartnerschaft zwischen Yarinacocha in Peru und Köln sind?
Unsere Klimapartnerschaft wurde im Oktober 2017 geschlossen. In einem zweijährigen Prozess haben sich die Kommune Yarinacocha und die Stadt Köln näher kennengelernt und sich gemeinsam auf ein Handlungsprogramm geeinigt, in dem die Projekte und Themen identifiziert worden sind, die die Klimapartnerschaft bis 2030 gemeinsam angehen will. In einem gleichberechtigten Austausch zwischen der deutschen und der peruanischen Kommune werden nun die lokalen Herausforderungen beim Klimaschutz und bei Klimafolgeanpassungen identifiziert. Durch eine Zusammenarbeit beider Kommunen und gegenseitiges Lernen von Expert*innen auf den verschiedenen Ebenen von Wissenschaft, Wirtschaft und Zivilgesellschaft möchten wir unsere Ziele mit der Klimapartnerschaft erreichen. Aktuell arbeiten wir auch daran, das Handlungsprogramm mit Themen aus dem Bereich „Biodiversität“ anzureichern und entsprechende Projekte zu identifizieren und zu entwickeln.
Wie werden diese unterschiedlichen Akteuer*innen mit einbezogen?
Auf staatlicher Seite sind da die beiden Kommunen Köln und Yarinacocha, auf wissenschaftlicher Seite Universitäten und auf zivilgesellschaftlicher Seite zum Beispiel die Föderationen der hier lebenden indigenen Gemeinschaften sowie private Organisationen und Nichtregierungsorganisationen (NROs) aus Deutschland und Peru.
Wie kann man sich das ganz konkret vorstellen?
Das Ziel ist es, in erster Linie gemeinsam Projekte zu entwickeln. Wir haben eine gute Kommunikation mit den verschiedenen Akteur*innen. Die Frage ist: „Was machen wir denn jetzt in der Praxis gemeinsam?“ Dies anzustoßen und zu koordinieren ist meine Funktion hier vor Ort. Aktuell haben wir hier in Yarinacocha drei Projekte in der Umsetzung: Zwei direkt mit der Kommune, also mit der Stadt Yarinacocha und ein Projekt mit der indigenen Organisation Comando Matico.
Beim ersten Projekt geht es um das Thema „Umweltbewusstsein für Elektromobilität und Solarenergie in Yarinacocha“.
Beim zweiten Projekt steht die „Erhaltung der Biodiversität der Lagune Yarinacocha und die Errichtung von dezentralen Kläranlagen“ im Fokus.
Das Projekt, das wir mit der indigenen Organisation Comando Matico durchführen, beinhaltet die „Neubewertung des ethnobotanischen Wissens über die Heilpflanzen der Shipibo-Konibo Xetebo Ethnie“. Die Shipibo-Konibo Xetebo sind hier am Mittellauf des Ucayali in Peru ansässig. Ihre Führer*innen, Medizinmänner und Medizinfrauen, sollen gestärkt werden. Es soll ein Prozess in Bewegung gesetzt werden, damit die Kenntnisse der Shipibo-Konibo Xetebo über die Vielfalt der Heilpflanzen und alternative Heilmethoden mithilfe von Pflanzen aus dem Regenwald nicht in Vergessenheit geraten. Die Vision ist, dass indigene Heilmethoden gleichberechtigt neben der klassischen Schulmedizin in indigenen Gebieten zur Anwendung gebracht und Teil des staatlichen Gesundheitsversorgungssystem werden.
Zurzeit wird ein Heilpflanzengarten in der Gemeinde in Santa Teresita am See Cashibococha angelegt und in Yarinacocha wird ein Zentrum für indigene Medizin eingerichtet. In diesem Zentrum wird das indigene Wissen zum Thema Heilpflanzen und Heilmethoden gebündelt, weiterentwickelt und zur Anwendung gebracht. Damit bleibt das indigene Wissen verfügbar und gerät nicht in Vergessenheit.
Bevor es allerdings dazu kommt, dass Projekte tatsächlich finanziert werden können, müssen viele Hürden gemeistert werden. Der Weg von der Projektidee zum Projektantrag bis zum unterschriftsreifen Förderantrag, ist weit. Das versuche ich hier, mit den verschiedenen Akteur*innen zu eruieren und zu entwickeln.
Und wie wird das aufgenommen in der Community? Wird dies nur zwischen Ihnen und den Medizinmännern und -frauen diskutiert oder ist die ganze Ethnie mit im Boot?
Ja, das kann man schon sagen, dass die ganze Ethnie da in gewisser Weise mit im Boot ist. Das liegt an der Historie der Organisation. Comando Matico ist eine indigene Organisation von Menschen, die sich zusammengefunden haben, als während der Corona-Pandemie festgestellt wurde, dass das lokale Gesundheitssystem hier der Corona-Pandemie nicht gewachsen war. Auch nicht im Hinblick auf die Bedürfnisse und Anforderungen der indigenen Gemeinschaften der Shipibo-Konibo Xetebo. Comando Matico hat daraufhin ein eigenes Konzept zur Behandlung von COVID-19-Erkrankten entwickelt, und zwar auf der Basis von Heilpflanzen und Naturmedizin. Das war sehr erfolgreich und hat große Anerkennung bei den Shipibo-Konibo Xetebo gefunden. Durch diesen Erfolg ist der Mut und das Interesse gewachsen, wie auch in der Vergangenheit andere gesundheitliche Themen, über Comando Matico zu bearbeiten. Daraus ist eine Bewegung aus der Community heraus entstanden und von daher sind wir da ganz dicht dran an der indigenen Bevölkerung mit unserem Projekt. Man könnte fast sagen: Dichter geht nicht.