Sie arbeiten in Sambia für die Lukanga Water & Sanitation Company. Vor welchen Herausforderungen steht dieses Unternehmen??
Michaela Karolina Braun: Unsere technischen Anlagen sind alle sehr alt und am Ende ihrer technischen Lebenszeit angekommen. Zusätzlich haben wir keine Redundanzen im System, es gibt keine Backupsysteme. Dies bedeutet, dass unterschiedliche Versorgungsnetze lediglich an einer einzigen Pumpe hängen, die jederzeit ausfallen kann. In dem Fall würde die Versorgung für bestimmte Bereiche des Versorgungsgebiets zusammenbrechen. Und das bedeutet für Lukanga WSC, dass wir sehr von Notfallstrategien getrieben werden, wir können meistens nur noch reagieren, anstatt Zeit zu haben, unsere Einsätze strategisch zu planen.
Des Weiteren stehen wir vor der Herausforderung einer äußerst schnell wachsenden Bevölkerung, insbesondere in den informellen Siedlungsgebieten. Dies stellt uns als Stadtplaner*innen vor eine große Herausforderung, da wir sicherstellen müssen, dass alle Menschen mit Trinkwasser versorgt werden und eine Sanitärversorgung gewährleistet ist. In diesen Gebieten ist jedoch häufig ein erhöhtes Maß an Vandalismus zu verzeichnen. Unsere Infrastruktur wird beschädigt oder illegal, also ohne Genehmigung, angezapft.
Zusätzlich gibt es Defizite sowohl in der Ausbildung als auch in der Automatisierung von Arbeitsprozessen. Seit meiner Ankunft in Kabwe habe ich sehr zu schätzen gelernt, welches großartige duale Ausbildungssystem und welche hochqualifizierten Fachleute wir in Deutschland haben. Hier in Sambia hingegen absolvieren unsere Handwerker*innen lediglich eine theoretische Prüfung, und das erste Mal, dass sie in den Unternehmen bei einem Schaden reparieren sollen, ist gleichzeitig das erste Mal, dass sie ein Werkzeug in der Hand halten. Die Suche nach qualifizierten Fachleuten ist schwierig, da es ihnen schlichtweg an Erfahrung mangelt.
Wie kommt in dieser Situation die Betreiberpartnerschaft mit Gelsenwasser AG und der Emschergenossenschaft und Lippeverband ins Spiel? Wo ist da Ihre Rolle als Fachkraft?
Michaela Karolina Braun: Die von der Betreiberplattform geförderte Partnerschaft zwischen den sambischen und deutschen Partnern arbeitet darauf hin, dass sich die Kapazität im Betrieb und der Wartung von Lukanga WSC verbessern. Die Betreiberpartnerschaft gibt es seit 2019. In den Anfangsphasen wurde gemeinsam eine Analyse von Lukanga WSC durchgeführt und ein Plan zur Leistungsverbesserung zusammengestellt. Die Hauptschwerpunkte liegen auf dem Datenmanagement und dem technischen Anlagenmanagement. Die Wasserunternehmen arbeiten nun in verschiedenen Arbeitsgruppen zusammen.
Meine Beteiligung an der Partnerschaft beruht auf meiner Expertise als Ingenieurin im technischen Anlagenmanagement. Zum einen unterstütze ich die Partner fachlich und bringe meine eigenen Erfahrungen in Kabwe beim Versorger ein, zum anderen bin ich in der Partnerschaft kulturelle Vermittlerin. Zwar haben beide Seiten oft dieselbe Vision, haben aber Schwierigkeiten in der Kommunikation miteinander. In dieser Rolle fasse ich Themen verständlicher zusammen und schaffe Vertrauen zwischen beiden Seiten. Meine Aufgabe besteht darin, die Vorstellungen der Wasserversorger zusammen zu führen und sicherzustellen, dass sie gemeinsam eine Entscheidung treffen können. Dabei stoßen unterschiedliche sambische und deutsche Arbeitsansätze aufeinander.
Können Sie da ein einfaches Beispiel geben?
Michaela Karolina Braun: Wir Deutschen neigen dazu in Arbeitsmeetings direkt auf den Punkt zu kommen. In Sambia hingegen hat die persönliche Ebene bei Geschäftsbeziehungen einen sehr, sehr hohen Stellenwert – und Vertrauen braucht Zeit. Deswegen wird die deutsche Seite schon mal ungeduldig und in Sambia denken sie, die Deutschen sind zu direkt, und dazwischen sitze dann ich. Wenn ein gemeinsames Verständnis einmal geschaffen ist, dann gibt es eine hohe Vertrauensbasis und das haben wir in unserer Partnerschaft erreicht.