In Ihrer Rolle als Oberbürgermeister haben Sie Ende November 2010 etwas Innovatives eingeführt, nämlich dass 0,02 Prozent des Haushaltes für konkrete Entwicklungsprojekte zur Verfügung gestellt werden soll. Was hat Sie dazu bewegt? Und wie hat es sich ausgewirkt?
In den 80er Jahren gab es einen Appell des ökumenischen Rates der Kirchen 0,02 Prozent ihres Budgets für Entwicklungshilfe zur Verfügung zu stellen. Diese Idee habe ich nie vergessen.
0,02 Prozent des Jenaer Haushaltes waren damals 50 000 Euro, was jetzt erst mal keine große Summe ist. Aber dieses Geld haben wir einsetzen können. Wir haben zum Beispiel ein gefördertes Projekt realisiert im Bereich Wiederaufforstung und Klimaschutz mit einem Gesamtumfang von 500.000 Euro, bei dem wir über vier Jahre verteilt nur einen eigenen Anteil von zehn Prozent erbringen mussten.
Das war sehr erfolgreich, und ich bin auch stolz auf diese Entscheidung meines damaligen Stadtrates.
Tatsächlich hat die Stadt Dresden vor etwa fünf Wochen einen Beschluss gefasst, für ihre Partnerschaften 0,01 Prozent des Haushaltes in den nächsten Jahren zur Verfügung zu stellen. In Dresden sind das 175.000 Euro, insbesondere für die Partnerschaft mit Kongo-Brazzaville. Und ich bin dafür auch ausdrücklich vom Bundesentwicklungsminister, Dr. Gerd Müller, gelobt worden. Ich glaube, das könnten alle Kommunen in Deutschland machen, die Partnerschaften haben. Das ist ein Zeichen!
Der entscheidende Vorteil ist, dass die Akteure bei konkreten Projektvorhaben einen Fond haben, mit dem sie arbeiten können. Und natürlich sind die betroffenen Partnerkommunen sehr dankbar, dass man auch relativ schnell agieren und helfen kann.
Was sind Kernanliegen oder Empfehlungen in Ihrer Tätigkeit als ehrenamtlicher Botschafter für kommunale Entwicklungspolitik?
Ich sehe meine Aufgabe in vier Stichworten: Begeistern, ermutigen, unterstützen und begleiten. Wir leben in einem wohlhabenden Europa, und es gibt in dieser Welt so viel zu tun. Niemand kann allein alles leisten. Aber wenn jeder tut, was er kann, passiert schon ganz, ganz viel, und man empfängt auch viel Dankbarkeit durch den Austausch auf Augenhöhe. Wir lernen andere Sichtweisen und andere Kulturen kennen. Wir werden auch wieder konfrontiert mit der Leichtigkeit des Lebens, auch unter schweren Bedingungen. Partnerschaften bereichern!
Man kann auch unterhalb von Partnerschaften sehr viel machen. Man kann eine Menge tun durch Einzelprojekte, durch Kooperationen oder schlicht einfach durch Kontakte, aus denen sich etwas entwickeln kann. Wenn Freundschaften entstehen, Austausch möglich wird, ist das schon was ganz Großartiges. Dafür werbe ich. Dafür versuche ich, Begeisterung zu wecken. Ich weise auch auf Förderprogramme und auf Institutionen wie die Servicestelle Kommunen in der Einen Welt von Engagement Global hin, die aus meiner Sicht wirklich eine hervorragende Arbeit leisten.
Diese Partnerschaften und Erfahrungen haben mein Leben unglaublich reich gemacht. Das möchte ich nicht missen.