Bochum, 14. bis 15. Juni 2022. Viele kommunale Beschaffende haben sich bereits auf den Weg gemacht, faire Kriterien in ihren Ausschreibungen anzuwenden. Aufgrund einer fortgeschrittenen Verfügbarkeit von Gütezeichen zur Nachweisführung stehen dabei oft die sogenannten ILO-Kernarbeitsnormen im Fokus. Dennoch gibt es viele menschenrechtliche Probleme entlang der Lieferketten einiger Produkte, die von den ILO-Kernarbeitsnormen allein nicht abgedeckt werden. Wie könnte es gelingen, zukünftig weitergehende Kriterien des Fairen Handels (z.B. ein fairer Erzeugerpreis, einen existenzsichernden Lohn oder stabile Handelsbeziehungen) in Ausschreibungen einzubeziehen? Wie sieht es mit der Markverfügbarkeit aus? Welche Praxisbeispiele gibt es dafür bereits? Diesen Fragen näherte sich das Netzwerktreffen anhand von Praxisinputs, Podiumsgesprächen, Thementischen und Workshops.
Per Live-Schaltung begrüßte Sonja Eisenmann, Leiterin der Stabsstelle Klima und Nachhaltigkeit der Stadt Bochum, die Teilnehmenden auch im Namen des Bochumer Oberbürgermeisters Thomas Eiskirch und des Umweltdezernenten Dr. Markus Bradtke. Die Stadt Bochum ist seit 2013 als Fairtrade-Town zertifiziert und Teil der Fairen Metropole Ruhr. Marcel Budde, strategischer Einkäufer im Referat Zentraler Einkauf, betonte in seinem Grußwort die Bedeutung der fairen und nachhaltigen Beschaffung als Baustein des Klimaplan Bochum 2035. Öffentliche Beschaffung könne mit ihrer großen Kaufkraft nicht nur den Markt dazu bewegen, Dienst- und Lieferleistungen nachhaltiger anzubieten. Auch Prozesse könnten verbessert werden, wie zum Beispiel durch die Einsparung von Papier durch digitale Vergabemanagementsysteme, durch die in Bochum bis zu 90 Prozent Papier im Vergabeprozess eingespart werden konnte.
Nach der Begrüßung eröffnete Jürgen Sokoll vom Eine Welt Netz NRW mit einem Input zum Unterschied zwischen den ILO-Kernarbeitsnormen und den Kriterien des Fairen Handels. Es folgten Praxisbeispiele aus Regensburg und Berlin, bei denen Fair-Handels-Kriterien einmal als zwingende Vorgabe in der Leistungsbeschreibung und einmal in den Wertungskriterien verankert wurden. Im Anschluss an die Einführung in das Schwerpunktthema folgten Thementische zu diversen Fragen und Praxisbeispielen rund um die Faire Beschaffung. Den Abschluss des ersten Tages bildete eine Podiumsdiskussion zur Marktsituation Fair gehandelter Produkte. Insbesondere wenn über die ILO-Kernarbeitsnormen hinausgegangen und zum Beispiel Kriterien des Fairen Handels bei der Beschaffung berücksichtigt werden sollen, stellt sich die Frage: Was bietet eigentlich der Markt? Gibt es Anbietende und Produkte, die diese Kriterien erfüllen können? Welche Herausforderungen gibt es dabei für die Unternehmen? Diese Fragen diskutierten Vertreterinnen und Vertreter von GEPA – The Fair Trade Company, apetito kids & schools GmbH, Naturland e.V. und der Fair Wear Foundation.