Internationale Partnerschaftskonferenz der Initiative „Kommunales Know-how für Nahost“

Online, 9. und 10. November 2021. Viele Kommunen in Jordanien, im Libanon und in der Türkei sehen sich aufgrund der schwierigen wirtschaftlichen, politischen und sozialen Situation der gesamten Region Nahost mit großen Herausforderungen konfrontiert. Die COVID-19-Pandemie und der fortdauernde Zuzug syrischer Geflüchteter verschärfen die Situation zusätzlich.

Knapp 50 dieser Kommunen haben seit 2016 im Rahmen der Initiative „Kommunales Know-how für Nahost“ mit deutschen Partnerkommunen Projekte unter anderem zu kommunalen Basisdienstleistungen umgesetzt. Nun trafen sich die Partnerinnen und Partner aus den vier Ländern zu einer virtuellen Konferenz, bei der sie ihre Erfahrungen austauschten und Impulse für die Weiterentwicklung ihrer Partnerschaften setzten. Die inhaltliche Gestaltung der Veranstaltung baute dabei komplett auf den vorab abgefragten Wünschen der Teilnehmenden auf. Viele kommunale Vertreterinnen und Vertreter beteiligten sich aktiv an der Umsetzung der Veranstaltung, indem sie Arbeitsgruppen moderierten, als Rednerin oder Redner mit auf dem virtuellen Podium saßen oder ein „Warm Up“ übernahmen.

Die etwa 75 Teilnehmenden erhielten Updates über die aktuelle Situation in den vier Partnerländern der Initiative. Aus dem Libanon berichtete André Sleiman von Democracy Reporting International, dass aufgrund der Krise im Land in kurzer Zeit die kommunalen Budgets 90 Prozent an Wert verloren hätten. Wie im Libanon sei auch in Jordanien die Aufnahme der vielen syrischen Geflüchteten nach wie vor eine große Herausforderung, so Wafa Hawamdeh aus der Stadtverwaltung von Jerash. Diese Situation würde die kommunale Infrastruktur und den Arbeitsmarkt des Landes weiter stark belasten.

Auch in der Türkei ist die Aufnahme der Geflüchteten ein zentrales Thema. Aus der türkischen Stadt Kilis berichtete Hasan Altuntaç: „Es ist extrem wichtig für uns, das friedliche Miteinander der einheimischen Bevölkerung und der Geflüchteten zu stärken.“

Die Teilnehmenden teilten ihre Erfahrungen und guten Praxisbeispiele und berichteten wie ihre Partnerschaftsprojekte Lösungsansätze für diese und andere Herausforderungen in den Partnerländern bieten. Die Projekte schaffen unter anderem Beschäftigungsmöglichkeiten für junge Menschen, stärken die soziale Kohäsion und verbessern kommunale Dienstleistungen wie das Abfallmanagement und Energieversorgung.

Hierzu betonten die Teilnehmenden aus dem Libanon beispielsweise das hohe Potenzial erneuerbarer Energien. „Aktuell liefert das Netz nur eine Stunde pro Tag Strom“, so der Bürgermeister von Ain Zebde, Charbel Nohra. Das Projekt zu Solarenergie mit der deutschen Kommune Traunstein biete der Bevölkerung ganz neue Perspektiven.

Viele der vorgestellten Ansätze sind auf die Situation in anderen Kommunen übertragbar. So konnten sich die Teilnehmenden von den guten Praxisbeispielen anderer Kommunen des Netzwerks inspirieren lassen und Anregungen und neue Perspektiven für ihre zukünftige Partnerschaftsarbeit mitnehmen.

So unterschiedlich die Projekte der kommunalen Partnerschaften auch sind, sie dienen alle der Umsetzung der Agenda 2030, die den Kommunen einen wichtigen Orientierungsrahmen bietet. Hierzu passiert schon viel in den Kommunen, wie die Beispiele aus Menjez im Libanon, Traunstein in Deutschland und Kadıköy in der Türkei zeigten. Viele Kommunen verpflichten sich mit großer Überzeugung der Agenda 2030. Amal Hwarat aus dem jordanischen Deir Alla: „Unsere Projekte widmen sich vielen SDGs, unter anderem der Gleichstellung der Geschlechter, sauberem Wasser und sauberer Energie.“

Die Teilnehmenden sehen aber auch hohe Hürden: Wie sollen sie die lokale Umsetzung der Agenda finanzieren? Und wo sollen sie das Personal dafür hernehmen? Sie waren sich einig, dass internationale Unterstützung und die Einbindung der Zivilgesellschaft eine große Hilfe sein könnten und nahmen sich vor, sich 2022 verstärkt um eine Einbindung der Zivilgesellschaft in ihre Aktivitäten zu bemühen.

Die Initiative „Kommunales Know-how für Nahost“ wird Anfang 2022 eine neue Phase beginnen. Sie wird sich auf die Konsolidierung der in den vergangenen Jahren entstandenen Partnerschaften konzentrieren. Für September 2022 plant die IKKN eine Live-Konferenz in Jordanien für alle in der Initiative aktiven Kommunen. Damit die Konferenz die Bedarfe möglichst gut aufgreift, sammelten die Teilnehmenden bereits jetzt Ideen, was sie im nächsten Jahr gemeinsam besprechen möchten, zum Beispiel die Themen „Kommunales Krisenmanagement“ und „Projektfinanzierungen“. Und sie wollen natürlich den Austausch und die fachlichen Diskussionen im nächsten Jahr fortsetzen – dann hoffentlich wieder face-to-face.