2. SDG-Dialog

Zahlreiche deutsch-afrikanische kommunale Partnerschaften engagieren sich für die Umsetzung von SDG 4 – und damit zeitgleich auch für die Erreichung anderer SDGs. Im Rahmen der Veranstaltung wurde die Bandbreite der möglichen Ansatzpunkte besonders deutlich:

• Drakenstein (Südafrika) und Neumarkt in der Oberpfalz haben in Drakenstein einen Umweltpark und ein Bildungszentrum errichtet – als grünes Klassenzimmer, in dem Schülerinnen und Schüler praktisch erfahren, was sie theoretisch im Unterricht gelernt haben.
• Die togolesische Nichtregierungsorganisation STADD setzt sich umfassend für ein nachhaltiges Abfallmanagment ein, indem sie über Mülltrennung aufklärt, groß angelegte Müllsammelaktionen durchführt und für eine solidarische Kreislaufwirtschaft und Recycling wirbt. STADD arbeitet mit mehreren Kommunen in der westafrikanischen Region zusammen.
• Die kommunale Partnerschaft zwischen Vaterstetten und Alem Katema in Äthiopien hat neben Initiativen zur frühkindlichen Erziehung und Berufsbildung auch Möglichkeiten für die Erwachsenenbildung geschaffen. Ein Museum, eine Bibliothek und ein Internetcafé wurden in Alem Katema eröffnet, um der Bevölkerung den Zugang zu digital verfügbaren Informationen zu ermöglichen und damit zu ihrer Bildung beizutragen.
• Bremen und Durban haben Jugendliche zu Multiplikatoren – sogenannten „Ocean Champs“ –  ausgebildet. Sie tragen seither Themen wie Meeresschutz, Vermüllung der Meere, Mikroplastik und Bedeutung der Ozeane in die Bevölkerung.

Großes Potenzial sahen die Teilnehmenden des SDG-Dialogs in Projekten zur beruflichen Bildung. Ihre Partnerschaften unterstützen daher etwa den Bau und die Ausstattung von Berufsschulen und organisieren den Austausch von Lehrkräften. Als besonders effektiv hat sich die Einbindung der Aus- und Fortbildung von Fachkräften in Infrastrukturprojekte erwiesen. So berichtete Angela Gewiese aus dem Enzkreis, dass die Ausbildung von Solartechnikerinnen und -technikern fest in das Projekt des Enzkreises mit dem Masasi Distrikt in Tansania zur Installation von Solaranlagen auf öffentlichen Gebäuden verankert sei. So schaffe man Arbeitsplätze und stelle die fachgerechte Reparatur und Wartung der Anlagen sicher.

Etwa die Hälfte der über 30 Teilnehmenden ist erst relativ kurz in deutsch-afrikanischen kommunalen Partnerschaften aktiv und profitierte von den Berichten erfahrenerer Kommunen. Andere gestalten zum Teil schon mehr als zehn Jahre solche Partnerschaften und ließen sich von den Ideen der teilnehmenden Kommunen für ihre zukünftige Arbeit inspirieren. Globales Lernen – ein Bildungskonzept, in dem globale Zusammenhänge und Auswirkungen des eigenen lokalen Handelns erklärt werden – bewerteten dabei alle als einen wertvollen Ansatz. Wie die Beraterin und Trainerin Anne Schorling erläuterte, vermittelt Globales Lernen die drei Kernkompetenzen Erkennen, Bewerten und Handeln. Zum Handeln auf Basis der Erkenntnisse über globale Zusammenhänge gehöre im Kontext der Agenda 2030, Verantwortung für die Zukunft des Planeten zu übernehmen und sich aktiv für eine nachhaltige Entwicklung einzusetzen. Somit könne Globales Lernen überall im Alltag auf unterschiedliche Weise stattfinden.

Auch in der Kommune ist ein entscheidender Baustein für eine Entwicklung nachhaltiger Städte (SDG 11) die Vermittlung der Nachhaltigkeitsziele an die Bürgerinnen und Bürger. Schließlich werden etwa zwei Drittel der SDGs auf lokaler Ebene umgesetzt – und dafür braucht es die Gesellschaft vor Ort. Die Vertreterinnen und Vertreter deutscher Kommunen stellten beim SDG-Dialog fest, dass die 17 Ziele in den afrikanischen Partnerkommunen oft schon viel bekannter sind als in ihren deutschen Städten, Gemeinden und Landkreisen. Hier wolle man von den afrikanischen Partnern lernen, wie man die SDGs durch Bildungsprojekte verstärkt in die Bevölkerung tragen könne.

Am Ende des zweitägigen SDG-Dialogs war den Teilnehmenden klar: Bildung darf nicht allein in Schulen stattfinden. Neben Kommunen sind auch zivilgesellschaftliche Akteure wertvolle Partner zur Umsetzung von SDG 4. Bürgerinnen und Bürger und insbesondere Jugendliche sind bereit, Verantwortung zu übernehmen, und kommunale Partnerschaften können sie dabei auf vielfältige Weise unterstützen.

Auch Projekte oder Infrastrukturmaßnahmen zu anderen Bereichen der Nachhaltigkeitsziele können durch ergänzende Bildungselemente in idealer Weise unterstützt werden. So reicht es beispielsweise nicht, in einer Partnerkommune ein Internet-Café zu etablieren und damit der Bevölkerung neue Informationsmöglichkeiten zu eröffnen. Es braucht auch eine Bildungskomponente, damit die Menschen die Kompetenz zur Internetrecherche erlernen und dort die für sie relevanten Informationen finden können. Viele Akteure unterschätzen zudem die Reichweite von Bildungskampagnen. Müllsammelaktionen und Medienkampagnen für ein nachhaltiges Abfallmanagement in Westafrika haben gezeigt, dass eine umfassende Sensibilisierung zu einem Umdenken und zu neuen Verhaltensweisen in der Gesellschaft führen kann.

Schließlich stellten die Teilnehmenden fest, wie Bildung dazu beitragen kann, dass Kommunen nachhaltiger und resilienter gegenüber Risiken wie Überflutungen werden – etwa durch Capacity Development im Katastrophenschutz oder Rettungsdienst, wodurch Menschen befähigt werden, sich auf zukünftige Herausforderungen besser vorzubereiten und diese selbst lösen zu können. Die umfassende Erfahrung der kommunalen Partnerschaften zeigte: „Learning by Doing“ ist besonders effektiv, denn durch die Beteiligung an konkreten Prozessen wächst nicht nur ein tiefgreifendes Verständnis für Nachhaltigkeit. Die Menschen sind auch motiviert, übernehmen Verantwortung und setzen ihr Wissen in Handeln um – in Handeln für eine zukunftsfähige Welt.