Bildungspatenschaften für Silly

Die Entwicklung der Gemeinde Silly wird schon seit über 25 Jahren durch die kommunale Entwicklungszusammenarbeit zwischen Silly und Viernheim vorangetrieben. Dabei haben sich im Laufe der Zeit fünf Schwerpunkte herausgebildet: Bildung, Ausbildung, Gesundheitswesen, Wasserversorgung und Begegnung der Menschen.

Viernheim versteht sich als „Bürgerkommune“. Von Anfang an setzte man bei der Weiterentwicklung der Städtepartnerschaft auf die Beteiligung der Zivilgesellschaft. Deshalb ist schon seit über 25 Jahren der Verein Focus e. V. mit der Ausgestaltung der Partnerschaft betraut. Dabei gibt eine enge Zusammenarbeit zwischen dem Verein und den städtischen Gremien, insbesondere der städtischen Jugendförderung und dem „Brundtlandbüro“, das für die Umweltbelange in Viernheim zuständig ist. Pro Einwohner zahlt die Stadt Viernheim einen Euro für die kommunale Entwicklungszusammenarbeit mit der afrikanischen Gemeinde. Mit dem jährlichen Etat von 33.000 Euro konnten schon viele Projekte auf den Weg gebracht werden. Die Projekte werden von den Verantwortlichen der beiden Gemeinden gemeinsam entwickelt, geplant und umgesetzt.

 „Wenn du für ein Jahr planst, pflanze Reis, Wenn du für zehn Jahre planst, pflanze Bäume. Planst du aber für hundert Jahre, dann bilde Kinder aus“, zitiert Klaus Hofmann, 1. Vorsitzender bei Focus e. V., ein altes chinesisches Sprichwort. Seit Beginn der Partnerschaft fördert die Stadt Viernheim gemeinsam mit dem Verein Focus die Schulbildung und Ausbildung. Sowohl der Bau von Schulen, die Ausstattung mit Schulbänken, Schulmaterialien und Büchern als auch die Versorgung mit Schulspeisung und die Fortbildung von Lehrern stehen ganz oben auf der Agenda. Über 600 Paten haben dafür deutschlandweit über 1.000 Patenschaften für Schulkinder übernommen. Die Einschulungsquote liegt bei über 95 Prozent, davon sind die Hälfte Mädchen.

Da auch nach einer erfolgreichen Schulbildung die Gefahr besteht, dass die jungen Menschen mangels Arbeitsmöglichkeiten als Taglöhner in die großen Städte oder zu den Plantagen der Elfenbeinküste abwandern, wurde im Jahr 2012 ein Berufsbildungszentrum für Landwirtschaft und Viehzucht in Silly eröffnet. Den Auszubildenden werden in Theorie und Praxis umfassende Kenntnisse in modernen Methoden der Landwirtschaft nach dem dualen System vermittelt. Effiziente Anbaumethoden und Bewässerung, Pflanzenschutz und effektive Haltung von Nutztieren sind Teil des Lehrplans. Außergewöhnlich für Burkina Faso ist der Unterricht in Weiterverarbeitung und Haltbarmachung von Produkten und deren Vermarktung. Die Herstellung von Seifen und Cremes aus Karité-Butter stehen dabei ebenso auf dem Lehrplan wie die fachgerechte Lagerung von Gemüse und die Herstellung von Trockenfrüchten wie Mango. Diese Kurse werden auch Frauen aus der weiteren Umgebung in Wochenseminaren angeboten. Der Erwerb betriebswirtschaftlicher Grundkenntnisse dient der Vorbereitung der Jugendlichen für den Aufbau einer beruflichen Existenz. Der Übergang in die Selbständigkeit wird durch die Übergabe einer landwirtschaftlichen Grundausstattung (zum Beispiel Pflüge und Zugtiere) und einen Basiskredit erleichtert. Auch hier tragen fast 200 Patenschaften zur Finanzierung der nicht unerheblichen Betriebskosten bei. Jedoch müssen jedes Jahr große Anstrengungen unternommen werden, um die finanziellen Mittel zu beschaffen, die nicht durch Patenschaften gedeckt sind. Erklärungen für die Übernahme einer Patenschaft findet man auf der Homepage des Vereins Focus e.V..

Mit Unterstützung der Servicestelle Kommunen in der Eine Welt (SKEW) wurde in den letzten Jahren ein kommunales Wassermanagementsystem in Silly aufgebaut, das über eine finanzielle Umlage die Instandhaltung der vielen Pumpbrunnen in dem weitläufigen Gebiet von Silly über einen langen Zeitraum hinweg garantiert. Schon seit Jahren arbeitet die Stadt Viernheim zusammen mit dem Verein Focus mit den Institutionen von Engagement Global zusammen. Viele Projekte konnten somit erfolgreich umgesetzt werden.

Ein Schwerpunkt für die nächsten Jahre bildet die kommunale Klimapartnerschaft. Dabei unterstützt Engagement Global deutsche Gemeinden und Landkreise  bei der fachlichen Zusammenarbeit mit Kommunen der „Dritten Welt“ bei der Umsetzung von Maßnahmen zu Klimaschutz und Klimaanpassung.

Konkret umgesetzt werden diese Ziele bereits bei dem Projekt „1 Kind – 1 Baum“. Dabei werden in den nächsten Jahren über 10.000 Obstbäume in der Umgebung von Grund- und weiterführenden Schulen gepflanzt. Schülerinnen und Schüler lernen so nicht nur die sachgemäße Pflege von Zitronen-, Mango-, Cashew-, Angelos-, Zimtäpfel- und Moringabäumen, sondern die recht einseitige Ernährung der Kinder mit Getreideprodukten wird durch die Vitamine und Mineralien der Früchte deutlich aufgewertet. Langfristig können somit neue Versorgungsstrukturen aufgebaut und das Bewusstsein für eine gesunde Ernährung geweckt werden.

Perspektive für die nächsten Jahre ist, den Themen Klimaschutz und Ernährungssicherung einen festen Platz auf den Lehrplänen der Schule zu verschaffen. Über das Klimahandlungsprogramm werden auch weitere wichtige Handlungsfelder integriert: Die Förderung von Photovoltaikanalagen, den Bau von Biogasanlagen, die Förderung ökologischer Landwirtschaft und die klimagerechte Anpassung landwirtschaftlicher Methoden.

Projekte dieser Vielfalt und in diesem Umfang lassen sich nur realisieren, da sich im Laufe der vergangenen 25 Jahre eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen den Verantwortlichen der beiden Kommunen entwickelt hat. Trotz der vielen organisatorischen und administrativen Schwierigkeiten, die es zu bewältigen gilt, steht die Begegnung der Menschen immer noch im Vordergrund des gegenseitigen Austauschs. Erst durch die menschlichen Beziehungen werden die Projekte mit Leben gefüllt und können für beide Seiten fruchtbar wirksam werden.