Förderinstrumente verbinden

Flächenmanagement und der Umgang mit städtischem Wachstum sind für Vilankulo drängende Themen. Als Stadtplanerin wird Sarah Kreidewolf den Partnern beratend zur Seite stehen. Gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen aus der Abteilung für Stadtplanung, Umwelt und Infrastrukturentwicklung in Vilankulo will sie die bestehende Landverteilungsstruktur erfassen. Dabei konzentriert sich das Team zunächst auf ein bestimmtes Stadtgebiet. Ihre Fragen: Welche stadtplanerischen Werkzeuge helfen Vilankulo dabei, möglichst effektiv ein Kataster aufzubauen? Welche digitalen Möglichkeiten bieten sich hierfür an? Was gilt es wegen zu erwartenden Klimafolgeschäden zu berücksichtigen, vor allem im Bereich Küstenschutz? Wie gehen wir mit Land um, das den Menschen rechtlich nicht gehört, die dort aber seit langer Zeit leben? Fest steht: Der Dialog mit der Bürgerschaft wird bei der Lösungsfindung eine herausragende Rolle spielen.

Im Laufe der Arbeit soll in Vilankulo ein Leitfaden für das Sammeln und die Verarbeitung von Geoinformationen im Pilotgebiet entstehen. Dieser wird von den Expertinnen und Experten in Aalen geprüft und mit dem Team um Kreidewolf in Mosambik abgestimmt werden. Aalen wünscht sich außerdem weiteren fachlichen Austausch mit den Partnern.

In Sachen Kommunikation sind zunächst Kreidewolf und Dorrer gefragt. „Die erste Ansprechperson für Frau Kreidewolf werde ich als Koordinatorin für kommunale Entwicklungspolitik sein“, erklärt Dorrer die internen Strukturen in Aalen und das Förderinstrument Koordination kommunaler Entwicklungspolitik. Über die Zeit soll sich der direkte Draht zwischen den jeweiligen Fachämtern herausbilden – ohne den „Umweg“ über Dorrer und Kreidewolf. „Mein Ziel ist, dass kommunale Entwicklungspolitik zur integrierten Aufgabe wird und sich die Mitarbeitenden in den städtischen Ämtern der globalen Verantwortung ihres Handels bewusst sind“, so Dorrer.

Seit 2018 besteht die Städtefreundschaft zwischen Vilankulo am Indischen Ozean und Aalen am Rande der Schwäbischen Alb in Baden-Württemberg. Angeregt wurde sie durch Honorargeneralkonsul Siegfried Lingel, der Vorstand der Deutsch-Mosambikanischen Gesellschaft war und gebürtig aus Aalen kam. Das erste Förderinstrument, der Kleinprojektefonds (KPF), erleichterte den gemeinsamen Start.

„Für uns war der KPF ein niedrigschwelliger Zugang für den Aufbau einer Freundschaft“, sagt Dorrer. Die Formulare für die Beantragung waren schnell ausgefüllt, der Verwaltungsaufwand hielt sich in Grenzen und verwirklicht wurde darüber die erste Begegnungsreise im Mai 2018. Der Kleinprojektefonds war zudem hilfreich, um mit dem Ablauf einer Förderung und den Partnern vertraut zu werden. „Durch die Reise sind beide Seiten warm geworden – miteinander und mit der Idee einer Freundschaft“, sagt Dorrer.

Der Gegenbesuch ließ nicht lange auf sich warten: Die Kolleginnen und Kollegen aus Vilankulo reisten im September 2018 zum Aalener Stadtfest an, lernten die Abläufe in der deutschen Kommunalverwaltung kennen und erkundeten die Umgebung. Auch in 2019 gab es zwei Besuche, finanziert aus eigenen Haushaltsmitteln. „Die beiden Städte sind sehr unterschiedlich“, weiß Dorrer. Sie erklärt: „Die Einnahmen in Vilankulo kommen zu großen Teilen durch den Tourismus, bei uns durch die metallverarbeitende Industrie und Zulieferer der Automobil-Branche. Seit kurzem scheinen allerdings andere Länder bei unseren Partnern sehr stark in den Aufbau von industriellen Strukturen zu investieren“, so Dorrer. Vilankulo hat es in der Pandemie-Zeit schwer, weil mit dem ausbleibenden Touristenstrom die Haupteinnahme-Quelle wegfällt. Die Aalener wollen ihren Städtefreunden deshalb erst recht zur Seite stehen.

Sie engagieren sich deshalb gemeinsam mit der Deutsch-Mosambikanischen Gesellschaft, Unternehmerinnen und Unternehmern aus der Region und dem Ostalbklinikum für vielfältige Möglichkeiten in der schulischen und beruflichen Bildung in Vilankulo. Diese Zusammenarbeit existiert seit den Anfängen der Freundschaft in 2018. Oberbürgermeister Thilo Rentschler ist überzeugt, dass die Bürgerinnen und Bürger so eine bessere Perspektive für ihre Zukunft in Vilankulo bekommen können.

Seit Juli 2019 unterstützt Daniela Dorrer als Koordinatorin für kommunale Entwicklungspolitik in Aalen unter anderem dabei, mit dem Aufbau von Strukturen aus den Ideen der KPF-Begegnungsreisen gemeinsame Projekte werden zu lassen. Ein großes Thema für die befreundete Kommune in Mosambik ist neben Flächenmanagement und Bildungsangebote die Abfallwirtschaft. Im Laufe der Planungen für ein Projekt in diesem Bereich wurde den Beteiligten allerdings klar, dass das Vorhaben für ein Erstprojekt zu umfangreich ist und nicht alle notwendigen Akteure ausreichend Kapazitäten für die Mitarbeit haben. Deshalb entschieden sich die Aalener gegen ein großes Infrastruktur-Projekt im Bereich Abfallwirtschaft und bemühten sich gemeinsam mit Vilankulo um eine Förderung in Form von personeller Unterstützung. Diese wurde mit Sarah Kreidewolf zur Wirklichkeit.

Seit der Corona-Zeit treffen sich die Ansprechpersonen beider Städte virtuell. Im Januar 2021 war auch der Aalener Gemeinderat mit dabei. „Da war der Tenor: Wir wollen möglichst schnell von der bisher noch eher repräsentativen Eben weg hin zu einer strukturierten, inhaltlichen Arbeit kommen und uns damit beschäftigen, was kommunale Daseinsvorsorge in einer globalisierten Welt bedeutet“, rekapituliert Dorrer. Gleichzeitig stellen sich die Aalener die Frage: Wie geht man mit dem Einfluss anderer Länder im Partnerland um, die nicht auf Augenhöhe achten: Bei denen es um Land Grabbing und den Aufbau von Infrastruktur geht, die anschließend wieder an die Kommunen verpachtet wird?

Dorrer erzählt von schnellem Geld, das in Vilankulo ankommt – mit dem beispielsweise die Küste zubetoniert wird ohne auf den Schutz des fragilen Ökosystems zu achten. „Bei uns dauert die Pilotierung eines Projekts länger: Wir wollen alles gemeinsam mit den Partnern planen, auf ihre Bedürfnisse abstimmen und arbeiten dabei auf Basis der Nachhaltigkeitsziele“, sagt Dorrer. „Dazu kommt das Transparenz-Gebot für die Fördermittel und die damit verbundene, zeitintensive Verwaltungsarbeit in beiden Kommunen – es geht schließlich um deutsches Steuergeld.“ Wird Sarah Kreidewolf auch in diesem Punkt unterstützen können? Mit ihrem Einsatz als Entwicklungshelferin in Vilankulo ist der erste Schritt hin zur gemeinsamen inhaltlichen Arbeit getan.

Kleinprojektefonds, Koordination kommunaler Entwicklungspolitik, Fachkräfte für kommunale Partnerschaften weltweit – Aalen hat sich um die Förderungen bemüht, die zu den eigenen Gegebenheiten am besten passen und setzt sie geschickt ein.

„Auf der fachlichen Ebene“, sagt Dorrer, „ist der KPF mein Lieblingsinstrument, weil er sich so vielfältig in der Partnerschaftsarbeit nutzen lässt“. Der Kleinprojektefonds macht es möglich, mit den Themenfeldern der kommunalen Entwicklungspolitik vertrauter zu werden und Schritt für Schritt als Partner zusammenzufinden. Dabei deckt er auch Aktivitäten zur Vernetzung und Bewusstseinsbildung in der deutschen Kommune ab.

„Strukturell betrachtet finde ich meine Koordinatoren-Stelle am wichtigsten, weil darüber alles andere ermöglicht werden kann“, sagt Dorrer. Und die Entwicklungshelferin wird dabei unterstützen, den Kontakt in die Verwaltung von Vilankulo zu intensivieren sowie das erste gemeinsame Vorhaben umzusetzen. „Die von der SKEW angebotenen Förderinstrumente lassen sich je nach individueller Situation in der eigenen Kommune nutzen und miteinander verbinden“, so Dorrer. Sie hebt hervor: „Wir als mit kommunaler Entwicklungspolitik noch am Anfang stehende Kommune profitieren sehr von diesem Baukasten-Prinzip!“.